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zwar schneller, als man erwartet. Es ist mir nebens her einiger Trost, daß die Träume in meiner Verwirk rung Teuvo T, ohne Leichtsinn, ohne Schrecknisse hatten, und ich in den unbekannten Landen, welche ich dyrchwandert, Freunde und Achtung fand, meiner moralischen Würde auch nie vergaß.

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Daß Corrodi *) nicht aus den ersten Quellen geschöpft, war auch mir merkbar; er würde die Sa\chen chronologischer geordnet, auch hin und wieder gelehrter beleuchtet haben. Indessen ist so viel wahr, daß, wenn ich auch nur den sonst mit Achtung citirten Benjamin Tudelensis nehme, den ich im vorigen Jahr las, der Unverschämtheit, womit die Rabbinen lügen, nichts gleich ist, als ihre tiefe Unwissenheit in der Geschichte, Zeitrechnung und Erdbeschreibung.

Du wirst vielleicht selbst meinen Schriftzügen ans sehen, daß die Festigkeit der Hand mir noch fehlt. Eben heute am Posttag, besonders; sie haben mir etwas zum Abführen eingegeben, das mich sehr mitnimmt. Sorge aber nicht; dein Bruder ersteht, erhebt sich wieder, und ich denke, in 14 Tagen soll die Herstellung vollendet seyn, dann schreibe ich dir mehr. Ich höre, daß dir während meinem Kampf einigemal ges schrieben worden. Uebrigens hatte ich vor dem Delis rium befohlen, meine Bücher und Schriften, wenn ich gestorben wåre, dir sofort zu senden.

Gruß und
H.

*) Der Verfasser der Geschichte des Chiliasmus.

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Kuß den Unsrigen. Hier meine zwar noch zitternde, aber treue Hand darauf, daß ich ewig dein bin!

J. v. M.

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Wien den 15. Nov. 1794.

Liebster, bester Bruder und Freund, drei Briefe von dir habe ich zusammenkommen lassen, aus verschiedenen Abhaltungsgründen, wovon du aber wohl selbst nicht glauben wirst, daß irgend einer in meinem Herzen seye. Den åltesten dieser Briefe hat Hr. Frey von Schaffhausen mir gebracht; ein bescheidener verständiger Jüngling, der mir recht wohl gefallen.

Du möchtest mich sehen, die Universalhistorie auss arbeiten; in diesem Wunsch bist du nicht der einige; auch hier hat man mir schon darum angelegen. Vor der Hand kann es noch nicht wohl seyn. Bedenke,

daß ich zum Ausarbeiten blos ein paar Morgenstunden, ehe ich auf die Canzlei gehe, brauchen kann; auf die nach dem Mittagessen kann ich nicht rechnen, da ich öfters auffer dem Hause speise, und für meine wenigen Besuche und seltenen Spaziergänge keine andere Zeit habe. Die Abendstunden, deren auch nur etwa zwei sind, wirst du meiner Erholung bei den Alten u. a. auch nicht absprechen wollen; überhaupt wer wollte nach 12 bis 13 Stunden Geschäften und Zerstreuungen erst noch an ein Werk gehen, das er der

Nachwelt würdig zu machen wünscht! Bleiben also jene zwei Morgenstunden (denn auf der Canzlei kann ich zwar excerpiren, nicht aber componiren, weil man alle Augenblicke unterbrochen wird, und ich alle meine Papiere bei der Hand, haben muß). Nun aber habe ich eine sehr große Abneigung, auf B überzugehen, ehe ich mit A fertig bin, und ein gewisses Gefühl, daß die Vollendung der Schweizerhistorie mir obliegt; wie ich denn seit dem Juli doch, ohngeachtet meiner Krankheit, wieder 125 Seiten zu Stande gebracht. - Wenu ich mit dieser fertig bin, oder, wenn, wie ich sehr wünsche, Gott das Herz des Kaisers lenkt, mir bei der Bibliothek oder beim Archiv eine Stelle zu geben, die mir mehr freie Stunden läßt eine sehr mögliche Sache so soll jene Arbeit sogleich auch angefangen werden. Bei diesem Anlaß muß ich dir (es bleibt aber ganz unter uns) sagen, was nach den vielen Lecturen aus meinem Plan über dieses Werk endlich geworden ist. Die schon einigermaßen ausgearbeitete Darstellung bliebe in der Hauptsache, und würde blos berichtiget, und ihrem Geist eine nåhere Richtung auf die, seit 1778- 1785 (wo ich zum leßtenmal darüber gears beitet) ganz anders entwickelten Bedürfnisse, des Zeits alters gegeben. Diese ganze Darstellung würde aber nur der Discours préliminaire, oder, ihrer Größe wegen, etwa der erste Theil des Werks. In dem Abdruck derselben würden alle Namen von Personen

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oder Sachen, über die ich mich weitläuftiger zu äußern, Lust und Materialien hätte, mit etwas größerer Schrift gedruckt, und dieselben in den verschiedenen folgenden Theilen des Werks, artikelweise, in alphabetischer Ordnung, behandelt; ein Dictionnaire historique, das von Bayle's seinem so verschieden seyn würde, als das Ende dieses Jahrhunderts von dem Anfang dess. selben. Diese Form gåbe mir Gelegenheit, alle meine fernern Lecturen zu Vervollkommnung dieses Werks zu benußen; jede neue Untersuchung würde die Mates, rie eines oder mehrerer neuen Artikel; weswegem ich, obschon noch weit entfernt, meine historischen Forschungen zu meiner Zufriedenheit geendiget zu haben, mir auch gar nichts daraus machen werde, die Ausarbei tung, sobald ich, oberwähntermaßen, Zeit dazu bes komme, anzufangen.

Für deine Sanitätsräthe schönen Dank, Lieber! Meine Gesundheit ist nun wieder sehr gut. Ich führe nicht ein fizendes, sondern ein stehendes Leben (wos bei Simeon Stylites alt geworden); nie als beim Essen und Abends jene zwei Stunden sitze ich. Ich effe nur Einmal; Abends kaum bisweilen bei einem Seidel Wein ein Stückchen Brod oder ein paar Kartoffeln, Freilich kann ich nicht sagen, daß ich sehr viel spazies ren gehe; doch selten vergeht ein Tag, da nicht eine Viertel- oder halbe Stunde damit zugebracht wird z und was half dem König von England seine erstaun

v. Müllers Werke. VI.

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liche Bewegung? er wurde um nichts weniger fett, und bekam dazu jene Krankheit, vor der Gott mich bewahre! So der Geschichtschreiber der Teutschen, Schmidt; er ließ keinen Tag ohne viele Bewegung vergehen, und ist im 59. Jahr plözlich gestorben; wie alt wurden jene französischen Klostergelehrten, Mas billon, Montfaucon, zåhle sie und ihres gleichen im siècle de Louis XIV! Die Hauptsache ist ein ruhiger und munterer Geist; diesem, den Gott mir ziemlich gegeben, muß ich hauptsächlich suchen, über meine, manchmal zu heftige, Empfindlichkeit einen dauernden Triumph zu verschaffen.

Dank, daß du noch an Johann von Tokenburg dachtest. Daß jener bei Lang der Bastard Friedrichs war, weiß ich von dem diplomatisch grundgelehrten Herrn Rathsherr Schinz, dem ichs einstweilen glau ben will, bis ich Gelegenheit habe, selbst ihn zu fras gen, oder es genauer zu erforschen.

Die nun wieder aufkommende Meinung, daß der Jünger, den Jesus lieb hatte (auch mir unter allen der liebste) nicht gestorben, findet sich, wenn ich nicht irre, auch bei Sulpitius Severus, Hist. S. Lib. 2. In griechischen Legenden, Menologien und Chroniken habe ich sie häufig mit dem Beisak angetroffen, daß der Staub auf seinem Grabe durch den Athem seines Mundes bewegt werde. Ich gestehe, daß ich in den Wors. ten unsers Herren hiezu keinen genugsamen Grund

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