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lucrativen Veräußerungen, sondern namentlich auch bei Theilungen gemeinschaftlicher Sachen, bei Vertauschungen oder Vergleichen ausgeschlossen bleibt 40). Dagegen findet er beim Kaufe statt. Doch gehen diejenigen zu weit, welche ihn lediglich auf den Kauf beschränken "); der Kauf bildet immer nur den Hauptfall “2). Daß insonder: heit die Nähergeltung gegen einen emphyteutischen oder Erbpachtscontract ausgeübt werden könne, ist mit Grund Rechtens nicht zu bezweifeln; beim Lehns- oder Colonatsvertrage würde sie hingegen wegen der individuellen Beziehungen, die beide Verträge zwischen dem Lehns- oder Meierherrn einerseits und dem Vasallen oder Colon andererseits begründen, selbst dann ausgeschlossen bleiben müssen, wenn die Erwerbung um eine Gegenleistung in Gelde geschehen sein sollte *3). Ebenso kann vom Re: tracte bei einem Freundschaftskaufe, oder einem Verkaufe, welchem die Bedingung zur Verpflegung des Veräuße: rers hinzugefügt ist, keine Rede sein ). Soll übri gens die Geltung wegen der für den Nähergelter unmöglichen Erfüllung vorhandener Contractsbedingungen weg fallen, so muß die unerfüllbare Bedingung eine Hauptbedingung des Vertrages ausmachen; entgegengesetten Falls findet Anbietung des Aquivalents statt, weil sonst jedes Einstandsrecht sehr leicht durch willkürliche Hinzu fügung unerfüllbarer Nebenbedingungen gänzlich würde gehindert werden können *).

Mag indessen auch die Veräußerung von der Art sein, daß sie ihrer Natur nach die Ausübung des Näher rechts zuläßt, so kann doch weder der Veräußerer selbst, noch sein Erbe retrahiren, da Jeder sowol seine eigenen Handlungen, als die feines Erblassers anerkennen muß. Auch kann begreiflich derjenige nicht retrahiren, welcher nicht bereits zur Zeit des abgeschlossenen Vertrages ein standsfähig war; mag er es immerhin später geworden fein. Desgleichen wird das Geltungsrecht durch Verzicht darauf ausgeschlossen; also insbesondere dann, wenn der Berechtigte in die Veräußerung consentirt hat 6). Steht ihm jedoch neben dem Retracte noch das Revocationsrecht zu, so enthält die Einwilligung nur einen Verzicht auf dieses lettere Recht; der Consens müßte denn zu Gun sten eines bestimmten Dritten ertheilt worden sein, denn hier liegt in der Zustimmung die Erklärung, daß der bestimmte Dritte das Grundstück haben und behalten folle. In gewisser Hinsicht kann es als Verzicht angesehen werden, wenn sich der Löser nicht innerhalb der gehörigen Zeit zum Retracte meldet. Dabei ist zu unter: scheiden, ob er von dem Veräußerungsvertrage in beson dere Kenntniß gescht worden sei, oder nicht. Im ersten Fall muß er sich, bei Berlust seines Rechtes, innerhalb der entweder von ihm selbst, oder vom Richter oder durch das Gesetz bestimmten Frist melden "); im zweiten bin

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40) Balch S. 157 fg. 41) Ebendas. S. 143 fg. Danz G. 198 fg. Glück S. 158 fg. 42) Preuß. Landr. 1. Th. Tit. 20. §. 575 fg. 43) Eichhorn §. 102. Not. b. 44) Preuß. Landr. 1. Th. Tit. 20. §. 581. 584. Walch S. 174 fg. 45) Preuß. Landr. §. 578. 579. 46) Walch S. 255 fg. Glück S. 191 fg. 47) Balch S. 250 fg. Eichhorn §. 102.

Not. a.

U. Encykl. d. W. u. K. Erste Section. XL.

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nen Jahr und Tag. Zwar gestatten Manche hier 30 Jahre. Allein die áltern und neuern Quellen, insonderheit die Terte des gemeinen Lehnrechts *8), sprechen sich sämmtlich für die einjährige Verjährung aus, für welche auch die Praxis ist. Jedoch ist die Verjährungszeit ein tempus utile ratione initii 9). Wäre indessen der Retrahent 30 Jahre lang in Unwissenheit über die Veräußerung geblieben, so würde dann freilich die späterhin erst erlangte Kunde nicht weiter zu beachten sein, da ihn jedenfalls der Vorwurf der Nachlässigkeit treffen würde, wodurch bekanntlich die 30jährige Verjährung grade zunächst motivirt ist 5). So lange das retrahibele Grundstück dem Erwerber noch nicht übergeben worden, steht es, wenn sich der Nähergelter noch nicht gemeldet hat, sogar in der Hand der Contrahenten, durch ihren Rücktritt von dem Vertrage die Losung nach Willkür auszuschließen. Denn das Gesetz oder Herkommen, auf denen die Geltung beruht, eröffnen dem Retrahenten blos die juristische Möglichkeit des Einstandes; der Einstand selbst wird das her, ungeachtet des bereits abgeschlossenen Veräußerungsvertrages, erst erworben, nachdem der Löser erklärt hat, von der Losung auch wirklich Gebrauch machen zu wol lens). Ist dagegen der Vertrag durch Vollziehung der Veräußerung schon consummirt, so kann dann freilich darauf, daß die Meldung zur Zeit noch nicht geschehen, nichts weiter ankommen, da die Paciscenten von einem solchen Vertrage, schon nach der Natur der Sache, nicht mehr zurücktreten, sondern eine Rückerwerbung des Grundstucks immer nur durch Abschluß eines neuen Vertrages würden möglich machen können.

Die Wirkungen des Näherrechts bestehen nun im Allgemeinen darin, daß der Retrahent in die durch den Veräußerungsvertrag oder in Folge desselben begründeten Rechtsverhältnisse anstatt des Erwerbers eintritt 52). Hierauf ist also auch seine Klage gerichtet. Diese Klage, welche sich auf Gesetz oder Gewohnheit stüßt, findet, je nachdem der Veräußerungscontract noch nicht, oder bereits confummirt ist, gegen den Veräußerer oder Erwer= ber statt.

Soweit die Klage gegen den Veräußerer ange= stellt wird, entspricht sie der Klage des Vorkäufers, also der Actio emti; gegen Anbietung alles dessen, wozu sich der abgetriebene Erwerber dem Veräußerer verpflichtet hatte, fodert daher hier der Nähergelter alles das, was der Erstere, auf Grund der Veräußerung, zu fodern gehabt haben würde, wenn der Retrahent fein Recht nicht geltend gemacht hätte 53). Diejenigen Rechtslehrer, welche leugnen, daß das Abtriebsrecht zugleich ein Jus protimeseos enthalte, gestatten freilich dem Retrahenten keine Klage wider den Veräußerer.

Wird dagegen die Klage erst nach bereits erfolgter Consummation des Vertrages, also wider den Erwer ber (oder spåtern Besizer) angestellt, so fodert zwar der

48) II. F. 26. §. 13. II. F. 9. §. 1. 49) Walch S. 260 fg. 50) Glúc S. 190. 51) Pufendorf, Obs. jur Tom. III. obs. 40. §. 5. 52) Glück S. 181 fg. 53) Eich horn §. 103. Phillips S. 483. 6

Retrahent das Grundstück cum omni causa heraus, je doch nur in der Lage, worin es sich zur Zeit des ange meldeten Abtriebes befunden. Denn da bis dahin immer noch ungewiß war, ob der Einstand überhaupt je ausgeübt werden würde, die bloße Möglichkeit der Ausübung eines Retractes aber den Erwerber in der Verfügung über das in Recht beständiger Weise erworbene Grundstück um so weniger irgend hindern kann, als es in der freien Will für des Nähergelters gestanden, die Losung sofort nach dem Abschluß des Veräußerungsvertrages geltend zu machen, so kann dem Reftituenten wegen dessen, was er inmittels auf dem Grundstück in gutem Glauben vorgenommen hat, keine Ausstellung gemacht werden; weshalb sich nicht behaupten läßt, daß er die Sache in dem Zustande, wie er sie erworben, prästiren müsse **). Von dem Augenblick hingegen, wo die Unmeldung des Retractes unter den gehörigen (sogleich noch näher anzuge: benden) Bedingungen erfolgt ist, haftet er für jede von ihm unternommene Veränderung. Namentlich muß er die seitdem percipirten und zu percipiren gewesenen Früchte leisten, während er die früher percipirten Früchte behält, und, wenn er sich keine Mora restituendi ) zu Schulden kommen läßt, nur die fructus stantes, gegen Vergütung der Culturkosten, zu gewähren hat “). Liegen diese Pflichten einerseits dem Restituenten (Beklagten) ob, so ist dagegen andererseits der Retrahent (Klåger) dem Erfteren zur Erstattung der auf die Sache gemachten Im pensen verbunden ); auch muß er ihm die Unkosten, welche derselbe um des Erwerbes willen gehabt hat, er sehen, z. B. die Contractsgebühren, die Laudemialgelder, oder dasjenige, was zur Übkaufung eines stärkern Retra henten aufgewendet worden 5). Die Hauptverpflichtung bleibt aber immer die Gewährung der Gegenleistung, welche in demjenigen Contracte stipulirt ist, in welchen der Kläger auf Grund seines Retractes cintritt 9). Keineswegs aber liegt dem Retrahenten, da derselbe bei Ausübung des Retracts fich blos feines Rechtes bedient, die Pflicht der Entschädigung wegen eines Verlustes ob, den der Beklagte durch Geltendmachung des Einstandes erlei det. Was daher das Grundstück über die vom Restituen ten dafür gegebene Gegenleistung werth ist, braucht nicht erstattet zu werden, ebenso wenig der höhere Kaufpreis, um welchen es von dem ersten Erwerber anderweitig ver äußert ist, vorausgeseht nur, daß der Nähergelter wirk lich auch den ersten Contract retrahirt, was er z. B. nicht mehr vermag, sobald sein Recht darauf verjährt ist. Es steht ihm in einem solchen Falle das Recht der Wahl zwischen dem ältern und neuern Vertrage zu 60); woraus dann insbesondere auch folgt, daß ihm der geringere Preis der zweiten oder fernern Veräußerung zu Gute kommt, sofern nur dieselbe an und für sich retrahibel ist, und er sie auch wirklich retrahirt. Übrigens versteht sich's schon von selbst, daß die durch den Erwerb des Grund

54) Walch S. 221 fg. Danz S. 206. 55) Glúc S. 189. 56) Watch S. 222 fg. Danz S. 207. 57) Glúc S. 187 fg. Danz S. 203. 58) Watch S. 210 fg. 59) Ebendas. . 190 fg. 60) Preuß. Landr. §. 642, 643.

stücks für den Reftituenten mittels Confusion erloschenen Rechte nach geschehener Ausübung des Abtriebes um so gewisser wiederaufleben, als der Nähergelter_gegen den selben keine Pflicht der Entschädigung hat. Seiner Ent: schädigung wegen hat sich vielmehr der Restituent an seinen Auctor zu halten, den er jedoch, wenn er sich die Eviction nicht ausdrücklich vorbehalten hat, nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn und soweit er sich wegen des Näherrechts in ignorantia facti befindet 61). Muß er daher z. B. das Grundstück, zu Folge des im Lande ge seglichen Gespilderechts, herausgeben, so kann er seinen Auctor zwar nicht aus dem Grunde, daß ihm das bezüg liche Gesetz oder Herkommen unbekannt gewesen sei, auf Entschädigung belangen, wol aber aus dem Grunde, weil ihm unbekannt geblieben war, daß das retrahirte Grundstück früher einen Theil von dem Grundstück ́des Nähergelters ausgemacht habe. Natürlich darf ihn aber hierbei nicht der begründete Vorwurf treffen, daß er un terlassen, die erfoderlichen Erkundigungen darüber einzu ziehen. Im Vorstehenden ist ohne Weiteres vorausgeseht worden, daß die Retractsklage nicht blos gegen den ersten, sondern auch gegen den zweiten und fernern Erwerber stattfindet. werber stattfindet. Dies wird jedoch von Manchen be stritten, welche dem Löser nur wider den ersten Erwer ber eine Klage zusprechen 62). ber eine Klage zusprechen °2). Man geht dabei von dem allerdings sehr richtigen Vordersaße aus, daß das Re tractsrecht ein persönliches Recht sei, hat jedoch uner wogen gelassen, daß dieses persönliche Recht zugleich ein jus in rem scriptum ist, und deshalb keineswegs eine einfache in personam actio, sondern eine actio in rem scripta erzeugt. Man hat sich offenbar zu streng an den im römischen Rechte so scharf ausgebildeten Begriff des persönlichen Rechts angeschlossen, welcher sich in fol cher Schärfe im teutschen Rechte nicht findet. Mit gutem Grunde hat sich daher auch die gemeine, in der Praris recipirte Meinung gegen jene Beschränkung der Retractsklage ausgesprochen; die Praktiker streiten sich nur darüber, ob die Retractsklage eine Actio in rem scripta 63), oder eine in rem actio sei, für welches Leztere sie begreiflich von denen gehalten wird, welche den Abtrieb (ohne hinreichenden Grund) für ein dingliches Recht erachten 6*).

Soweit bisher vom Einstandsrechte die Rede gewe sen ist, ist immer nur an den Retract gedacht worden, wie er sich durch Gewohnheit gebildet hat, oder auch auf ausdrücklichen Gefeßen beruht, d. h. den gesehlichen. Daneben finden sich jedoch auch vertragsmäßige oder testamentarische Losungen "); nur können dieselben, nach allgemeinen Grundsägen, nicht für wirkliche und wahre Retracte geachtet werden. Ein Testament oder Vertrag begründet in der Regel nur für bestimmte Personen, nicht auch gegen Dritte, Rechtsverhältnisse; wes

61) Walch S. 243. Danz S. 208. 209. 62) Chi baut a. a. D. 63) Strykii Successio ab intestato. Disp. V. Cap. 4. §. 5. 64) Walch S. 233 fg. Danz S. 207. 65) Walch S. 300 fg. 497 fg. Glúc S. 167 fg. Mitter: maier §. 286.

halb ein darauf gestühtes Retractsrecht gegen solche Dritte ordentlicher Weise keine Wirkung hat. Wie es scheint, ist nur für den Fall eine Ausnahme zu machen, wenn der testamentarische oder conventionelle Abtrieb durch eine Hypothek gesichert worden. Zwar wollen Manche selbst hier dem Retracte nicht die Wirkung des gesehlichen beilegen 6); allein die gemeine, in der Praxis angenom mene, Meinung, wonach ein solches Näherrecht sich auch gegen den dritten Erwerber vollkommen wirksam äußert, verdient gewiß den Vorzug; denn muß der Dritte die Hypothek gelten lassen, so kann er sich auch der Uner: kennung desjenigen Rechtes, wofür die Hypothek bestellt ist, und zu welchem die lettere sich als bloßes Accesso: rium verhält, nicht entziehen. (Dieck.) EIRIK BLODÖX, d. i. Blutart, König von Norwegen, folgte seinem Vater Hakon Schönhaar 930 in der Regierung, der ihm die Herrschaft über das ge= fammte Norwegen zusprach. Dies veranlaßte aber Zwist und blutige Fehden zwischen ihm und seinen zwei Brüdern, Sigrod, König von Drontheim, und Olaf, König von Wit. Eirik hatte einen Theil seiner Jugend in England zugebracht und dem dortigen Könige Athelstan feinen tapfern Arm geliehen gegen die rauberischen Anfälle der Dánen und die widerspenstigen Bewohner von Nordwallis. Von diesem mit Schiffen und Mann Ischaft unterstüßt, kam Eirik nach Norwegen, kämpfte mit Erfolg wider seine Gegner, und räumte sie, theils in den Schlachten, theils durch Hinterlist, aus dem Wege und verhängte blutige Strafen über ihre nähern und ents ferntern Anhänger, weshalb ihm jener Beiname zu Theil wurde; nach dreijährigem Morden und Kämpfen gelangte er zur Alleinherrschaft über Norwegen. Doch der Groll blieb in den Gemüthern der Vornehmen, und der Haß wuchs bei dem Volke gegen den Tyrannen, der es mit schwerem Drucke belastete. Darum gelang es dem mách tigen Grafen Sigurd leicht, seinen Sturz zu bereiten, indem er einen jüngern Bruder Eirik's, Hakon, der sich ebenfalls in England unter dem Schuhe Athelstan's befunden hatte, zum Könige von Norwegen vorschlug. 3u Istimmung und Aufstand waren gleich allgemein durch das ganze Reich. Alles fiel dem neuen Herrscher zu, der in Gestalt und freundlicher Sitte dem vielgeliebten Vater, Hakon Schönhaar, glich, und so sah sich Eirik genöthigt, mit seiner nicht minder verbaßten Gemahlin, Gunnhilde, aus Norwegen zu flüchten, 936. Er begab sich nach England und Athelstan räumte ihm Northumberland als ein Lehen ein, nachdem er sich mit den Seinigen zum Christenthum bekannt und gelobt, das Reich schüßen zu belfen wider die sceräuberischen Dänen. Doch Uthelstan starb 941, und dessen Bruder und Nachfolger, Edmund, weniger günstig für Eirik gesinnt, gedachte vielleicht Northumberland einem andern Vafallen zu übertragen, wenigstens verbreitete sich dieses Gerücht. Kaum erhielt Eirik hiervon Kunde, so begab er sich nach den orkadi schen Inseln, sammelte dort und auf den Hebriden eine kühne Schar von Abenteurern und plünderte mit den

66) Eichhorn §. 101.

selben Irland und die Küsten von England. Durch den Erfolg kühner gemacht, drang er auch in das Innere Britanniens, stieß aber auf einen tapfern Vafallen Edmund's, Olaf, der gleichfalls den Königstitel führte. Einen ganzen Tag währte die blutig beginnende Schlacht; in den Vormittagsstunden blieben Eirik's Streiter Sies ger. Als sie aber, mit Wunden bedeckt und vom Kampfe ermüdet, Nachmittags ruhen zu können vermeinten, erneuerte Olaf den Ungriff und hieb die frechen Räuber fast bis auf den lezten Mann nieder. Eirik, nebst fünf normannischen Häuptlingen, war unter den Gebliebenen. Das war der Ausgang dieses, zwar tapfern und unternehmenden, aber auch wilden, allen Regungen der Menschlichkeit entfremdeten Herrschers, dessen Tod ins Jahr 941 zu sehen sein möchte. (Torfaei Historia rerum Norvegicarum p. 11.) (A. Herrmann.)

EISENBAHNEN oder Schienenwege (Railways im Englischen, Chemins de fer im Französischen), sind künstliche Straßen, welche gewöhnlich aus parallel neben einander liegenden Schienen von Eisen bestehen. Diese Schienen dienen den Wagenrådern zum Gleise oder zur Bahn, und sie vermindern die den Fuhrwerken auf gewöhnlichen Straßen sich entgegensehenden Widerstände. Mit der weitern Ausbildung des focialen Lebens wurde eine ungestörte und bequeme Communication Bedürfniß, und so finden wir denn schon im höchsten Alterthume, in Ügypten, Phönicien und bei den Juden, Spuren, und in Griechenland, und besonders Italien, die Reste guter Kunststraßen. Für einzelne Zwecke baute man sehr ebene Steinbahnen, und dies mußte auf die Idee führen, dergleichen Wege auch für das allgemeine Beste anzulegen, wovon die Steinbahnen des alten Roms mit vertieften Gleisen für die Führwerke zeugen. Beim Bergbau wendete man schon früh hölzerne Bahnen für die ein- und vierråderigen Fuhrwerke an, und später ga= ben die erwähnten römischen Steinbahnen Veranlassung zu ähnlichen von Gußeisen auf Brücken, bei Berg- und Hüttenwerken und andern Fabriken, den sogenannten Tramtracks der Engländer. Es sind dies (jedoch hat sich ihr Gebrauch jest sehr beschränkt) gußeiserne, mehr oder minder breite Platten, mit aufrecht stehenden Rándern an den Kanten, welche die Räder gewöhnlicher Fuhrwerke in diesem künstlichen Gleise zurückhalten. In den Steinkohlenbergwerken von Newcastle am Tyne in Nordengland wurden solche gußeiserne Bahnen bereits 1670 angewendet. Jedoch veranlaßte ihre Kostspieligkeit und Unvollkommenheit, daß man sie später durch schmale guß- und dann stabeiserne Schienen ersehte, welche auf hölzerne Unterlagen befestigt wurden, und welche noch obendrein den großen und wichtigen Vortheil gewährten, daß sie den darauf laufenden Kádern eine weit geringere Reibungsfläche entgegensetzten. Jedoch blieb die Anwendung dieser Eisenbahnen stets noch auf die innere und äußere Förderung bei Bergwerken und auf die Communication bei Hüttenwerken und andern Fabriken beschränkt, ohne allgemeinern Zwecken zu entsprechen, weil einerseits gute Chausseen und Pferdekräfte den damaligen Anfoderungen an einen schnellen Transport vollkommen genügten,

und zwar um so mehr, als man sich bei den Eisenbahnen auch der Pferdekräfte bedienen mußte. Die eigentliche allgemeinere Anwendung der Eisenbahnen erfolgte erst, als die animalische Kraft durch Dampfkraft ersett wurde, welches zuerst im J. 1814 durch den Engländer G. Stephenson geschah. Diese stärkern Transportmittel erfoderten aber auch einen solidern und regelmäßigen Bau der Bahnen, und es entstanden daher die mannichfaltigsten Ideen und Formen in der Construction der Eisenbahnen, die noch fortwährend entwickelt werden.

Wir betrachten nun in dem Folgenden kurz die Einrichtung der Eisenbahnen und den Transport auf denfelben.

I. Bestimmung der Bahnlinie. Der Werth einer Eisenbahn hångt hauptsächlich von ihrer ersten Etabli rung ab, und es muß daher natürlich auf diese die größte Sorgfalt verwendet werden; sie ist der schwierigste Theil für den Erbauer. Bei der Auswahl einer Eisenbahnlinie sind besonders folgende Punkte zu berücksichtigen:

1) Der Zweck der Bahn.

2) Ihre Steigungs- und Krümmungsverhältnisse.
3) Die Richtung der Bahn in Beziehung auf die
Anlagekosten, die geographische und physische Be-
schaffenheit des Landes.

Der Zweck einer Eisenbahn kann ebenso ver schieden, als der irgend eines andern Communicationsmit: tels sein. Bei der Auswahl einer großen Haupteisenbahnlinie sind die wichtigsten Bedingungen folgende:

1) Sie soll nie persönliche individuelle Interessen, oder einzelne unbedeutende Orte berücksichtigen, sondern entfernte Gegenden mit einander verbinden und die Ba fis von Zweigbahnen sein.

2) Sie kann aber auch den Zweck haben, daß auf ihr Personen und Fracht, mit einer und derselben zu verz wendenden Kraft, in möglichst großer und gleichförmiger Geschwindigkeit von einem Endpunkte der Bahn zum andern transportirt werden sollen.

Es folgt hieraus, daß der allgemeine Zweck der Eisenbahnen eine mehr ökonomische und eine gegen die son ftigen Transportmittel bedeutend schnellere Fortschaffung von Fracht und von Personen ist, und es wird durch ebendiesen Zweck der wesentliche Unterschied zwischen den Ei senbahnen und den gewöhnlichen Landstraßen begründet, und es folgt namentlich aus dem Bedürfnisse der Schnelligkeit die Nothwendigkeit einer künstlichen Krafterzeugung, namentlich die Anwendung von Locomotiven oder Dampf

wagen.

Der Zweck einer Eisenbahnanlage und das darauf zu verwendende Capital bedingt die zur Fortschaffung der Güter oder Personen anzuwendende Triebkraft. Diese find bis jest folgende:

1) Animalische Kraft, von Menschen bei kleinen Bahnen in Bergwerken, bei Hüttenwerken und sonstigen Fabriken; von Pferden bei kleinern und größern Bahnen.

2) Dampfkraft, und zwar

a) bewegliche, mittels Dampfwagen oder Locomotiven ;

b) stehende Dampfkraft, durch feststehende Dampfmaschinen.

3) Wasserkraft, bei nur wenigen Eisenbahnen an die Stelle der stehenden Dampfmaschinen.

4) Atmosphärische Luft bei den sogenannten atmosphä rischen Eisenbahnen.

5) Elektromagnetische Kraft.

Wir werden weiter unten nåher von diesen verschiedenen Triebkräften reden.

Eine Hauptsache bei der Richtungslinie, die eine Eisenbahn nehmen soll, sind, außer den commerciellen, industriellen, geographischen und allgemein_physikalischen Rücksichten, auch möglichst vortheilhafte Steigungs- und Krümmungsverhältnisse, sowie zweckmäßige Vertheilung der nothwendig werdenden Terraineinschnitte und Auffüllungen.

Lassen wir die nähere Erörterung der ersten Verhältnisse unbeachtet, so ist zunächst in Bezug auf die Steigung einer Bahn anzuführen, daß eine solche auf die teutsche Meile Länge höchstens 100 Fuß, also 250 betragen darf, wenn anders die Bahnstrecke nicht sehr kurz ist, oder nicht von besondern Hilfsmitteln, wie z. B. an der Bahn angebrachten, feststehenden Dampfmaschinen, Gebrauch gemacht werden soll. Die besondern Gründe dieser Annahme werden spåter erörtert werden; hier ge: nüge beiläufig Folgendes:

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Beim Hinauffahren eines Wagenzuges längs einer schiefen Ebene vergrößert sich nämlich der Widerstand des Zuges um den sovielten Theil des Gesammtgewichtes, als die zu ersteigende Höhe von der schrägen Länge ausmacht. Sind daher, wie Versuche gelehrt haben, zur Fortbewe gung einer Tonne 2240 Pfund engl. auf der Hori zontale einer guten Eisenbahn 8 Pfund Zugkraft nöthig, was für einen Wagenzug von 40 Tonnen Gesammtge wicht 40 8=320 Pfund beträgt, so muß lettere × Zugkraft bei Ersteigung einer schiefen Ebene von 1/100 und eines Dampfwagengewichtes von 10 Tonnen um 50/100 X 2240 50/1002240=1120 Pfund größer werden, oder überhaupt 1440 Pfund betragen. Auf der Horizontale hátte man daher mit einer solchen Kraft 1440% 180 Tonnen fortbewegen können.

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Aus diesem Beispiele erhellt schon, wie nachtheilig bedeutende Steigungen auf Eisenbahnen sind. Immer sollte es daher Grundsah bleiben, daß der Anlagezweck einer Eisenbahn nicht allein der ist, eine feste und glatte, sondern auch möglich wagerechte Bahn zu bilden. - Die erfahrenen englischen Ingenieure Stephenson und Brünel überschreiten nur unter besondern Umständen das Steigungsverhältniß 30, und Ersterer rechnet eine Steigung von 16-20 Fuß pro englische Meile ebenso nachtheilig, als eine englische Meile Verlängerung der Bahn.

Können ungünstige Steigungsverhältnisse ganz und gar nicht umgangen werden, so hält man es im Allgemeinen für vortheilhafter, die Mehrzahl der Steigungen gering, einige aber sehr bedeutend zu machen, als diese

Steigungen unter sehr verschiedenen Verhältnissen abwechfeln zu lassen (eine undulirende Bahn zu construiren).

Was die Krümmungen der Bahn betrifft, so müssen dieselben, wenn anders sie nicht vermieden werden können, sehr große Halbmesser erhalten. Bei Krümmungen mit kleinen Halbmessern ist es nämlich einleuchtend, daß das äußere von zwei an einerlei Are befindlichen Rå dern, welches auf der converen Seite der Bahn läuft, einen größern Bogen zurückzulegen hat, als das innere an der concaven Seite fortgehende. Hierdurch tritt aber ein Hierdurch tritt aber ein Schleifen, eine gleitende Bewegung am Umfange der Råder ein, woraus natürlich eine Vermehrung der vorhandenen Widerstände erfolgt. Ferner ist eine Seitenreibung an den Spurkränzen der inneren Råder zu über winden, die ebenfalls um so größer wird, je kleiner ter Krümmungshalbmesser der Bahn ist. Endlich erzeugt das Bestreben eines jeden bewegten Körpers, in gerader oder tangentialer Richtung fortzugehen, eine gewisse Schwungkraft, die zwar auch mit der Abnahme des Krum mungshalbmessers, aber außerdem noch mit dem Qua drate der Geschwindigkeit wächst, womit die Bewegung erfolgt. Durch diese Schwungkraft entsteht nicht nur eine Vermehrung der vorgedachten Seitenreibung, sondern die Räder können auch über die Schienen springen, den Wagen aus den Gleisen bringen und wol gar um werfen.

Alle diese Uebelstände sucht man indessen auf mancherlei Weise zu beseitigen. So gibt man durchgängig dem äußern Radkranze einen Reif, der eine konische Fläche bildet, und zwar von der Art, daß der äußere Durchmesser ungefähr um einen Zoll geringer ist, als der innere. Bei einem Drången der Räder nach Außen laufen dann dieselben mit verschiedenen Halbmessern auf den Schienen, wodurch allerdings das vorerwähnte Gleiten zum Theil beseitigt wird. Ferner läßt man zwischen Schienen und den Vorsprüngen oder Spurkränzen der Råder, lettere in geradliniger Bahnstrecke laufend an= genommen, einen Spielraum von %-11⁄2 3oll, wodurch die Reibung der Räder gegen die inneren Schienenseiten vermindert wird. Zur Begegnung der vorerwähnten Schwungkraft legt man ferner in den Krum mungen der Bahn die äußeren Schienen etwas höher, als die inneren, und zwar um soviel, daß das aus der konischen Form der Radfelgen entstehende Bestreben des Wagengewichtes, nach Innen zu gleiten, der nach Außen drängenden Schwungkraft gleich ist.

So zweckmäßig aber auch diese Anordnungen erscheinen, erfüllen sie dennoch den Zweck durchaus nicht ganz, weshalb man sich in neuester Zeit mannichfach bemüht hat, die Nachtheile der Bahnkrümmungen auf noch an dere Weise zu beseitigen. In letterer Beziehung verdie nen namentlich die Constructionssysteme von Laignel und Arnour erwähnt zu werden. Laignel gibt jedem der Wa genråder zwei verschiedene Spurkränze von ungleichen Durchmessern; bei den Krümmungen werden dann die Råder mit ungleichem Durchmesser auf die Schienen gebracht, in den geradlinigen Bahnstrecken die Räder von gleichem Durchmesser.

Arnour construirte gegliederte Wagen, deren Gestalt der der gewöhnlichen Kutschwagen ähnlich ist, mit Langwied und Reihnagel, verbindet je zwei dieser Wagen, nicht, wie es gewöhnlich geschieht, durch Ketten, sondern durch eine Art von Lenker, und ordnet überhaupt Ulles so an, daß jeder einzelne Wagen eines 3uges in der Curve diejenige Stellung einnimmt, die für die Anwendung der kleinstmöglichen Zugkraft nöthig ist. - Über beide wird aber erst die Erfahrung entscheiden müssen, da eigentliche Anwendungen in größerem Maßstabe und bei Bahnen mit starkem Betriebe noch nicht gemacht worden sind.

Die meisten englischen Ingenieure lassen bei den Hauptlinien der Bahn in der Regel keine Krümmung zu, die mit einem kleinern Halbmesser als / englische Meile (320 preuß. Ruthen) beschrieben ist, wobei sie ferner noch annehmen, daß ein Austreiben der Wagen von der Bahn durch die Schwungkraft nicht eintritt, wenn bei 10 englischen Meilen Geschwindigkeit pro Stunde die convere Schiene um 0,07 30ll, bei 15 Meilen 0,2 Zoll und bei 20 Meilen 0,36 Zoll höher gelegt wird, als die concave; Ausnahmen von dieser Regel lassen sie nur bei der Einmündung von Zweigbahnen in die Hauptbahn und in der Nähe der Stationsplähe zu.

Was die früher erwähnte dritte Bedingung bei Eta= blirung einer Eisenbahnlinie, die zweckmäßige Vertheilung der Einschnitte oder Abtrage (deblais franz., cuttings engl.) und Auffüllungen, Aufträge (remblais franz., embankments engl.) betrifft, so sind diese wo möglich so zu wählen, daß man die leztern aus den erstern macht.

Wichtig ist dies besonders dann, wenn an gewissen Stellen, wo z. B. Aufträge nöthig werden, Erdmassen zur Seite der Bahn gar nicht vorhanden sind, oder sich daselbst theure Felder, Grundstücke zc. vorfinden. Unter solchen Umständen darf man oft eine gehörige Ausgleis chung des Auf- und Abtrages dann nicht scheuen, wenn selbst große Transportweiten der Massen nöthig werden. II. Unterbau. Unter dem Unterbaue versteht man alle diejenigen Theile einer Bahn, welche die Schienen mit ihren Lagern, Holzschwellen oder Steinblöcken, nebst der Unterbettung, zu tragen haben. Es gehört fonach hierher die Construction der Einschnitte und Dämme, der Durchlässe, Brücken, Viaducts und Tagestrecken (Tunnels).

Ganz besondere Aufmerksamkeit erfodern die Aufträge oder Aufschüttungen. Zur Erreichung einer größtmöglichen Festigkeit für solche hat man die aufzuschüttenden Erdmassen in dünnen Schichten aufzutragen, damit das Ineinanderdringen des Materials befördert wird; auch kann man eine jede solche Auffüllung mit Walzen oder Rammen bearbeiten, sowie man ferner das dabei zu verwendende Erdreich vorher von Allem, was durch Fäulniß oder Druck ein Nachfinken veranlassen könnte, gehörig fäubern sollte. Die Dimenfionen der Damme, sowie des ganzen Unterbaues, hängen besonders von zwei Rücksichten ab, nämlich davon, ob die Bahn mit einem oder zwei Gleisen (ein oder zweispurig) zu

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