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Grundlage, und die acht Artikel derselben behalten eben so gültige Kraft, als wenn sie buchstäblich in diesen Vertrag mit aufgenommen wären. Der Vertrag selbst ist ausserdem als ein wesentlich nothwendiges Annexum der Final - Acte des Wiener Congresses vom 9. Juni 1815 unter Beilage X. angeschlossen, das heisst, es ist ihm dieselbe Geltung beigelegt, als wenn er vollständig in diese Acte des Wiener Congresses mit aufgenommen wäre, und hat demgemäss die volle Anerkennung aller diese Acte abschliessenden Mächte Europa's erlangt.

Die Wiener Acte *) selbst enthält 9 Artikel, nämlich No. 65 bis 73 incl., über die Bestimmungen für das Königreich der Niederlande und das Grossherzogthum Luxemburg, welche aber ausser der genauern Angabe der Gränzen gegen Frankreich, Preussen, und Hannover nichts weiter als die abermalige Wiederholung der Anerkennung aller oben angeführten wesentlichen Punkte aus der Acte vom 21. Juli 1814 und dem Vertrage vom 31. Mai 1815 gewähren.

Das neue Königreich war durch den Wiederausbruch des Kampfes der verbündeten Mächte mit Napoleon am stärksten gefährdet, denn innerhalb seiner Gränzen sammelten sich die Streitkräfte von allen Seiten. Aber diesmal gab es nur eine entscheidende Schlacht, wenn sie auch drei Tage dauerte: die Niederlage der Franzosen bei Belle Alliance am 18. Juni besiegelte erst kräftig die Beschlüsse des Wiener Congresses. König Wilhelm I. hatte unterdessen den GeneralStaaten (55 Mitglieder), verdoppelt durch Mitglieder aus ProvinzialStänden, zur Hälfte aus Niederländern, zur Hälfte aus Belgiern zusammengesetzt, den Verfassungsentwurf vom 28. März 1814 vorgelegt, um ihn nach den durch die Verträge veränderten Verhältnissen für den gesammten Staat umzuarbeiten. Die Aufgabe war in wenigen Tagen gelöst, für die nördlichen Provinzen günstig, da diese mit dem früheren Entwurfe sich völlig einverstanden gefühlt hatten und die Verfassung ihren Anforderungen für entsprechend erachteten; sie wurde demgemäss eben so rasch von dem Könige genehmigt, als von den Holländischen Abgeordneten einstimmig angenommen. Anders verhielt es sich bei den Belgiern: die grosse Schuldenlast der Holländer, die nicht völlig klaren Verhältnisse der Niederländischen Marine und Colonien, die kostspieligen Deichbauten, und mehr als alles andere der starre Geist des Katholischen Klerus, der den Gedanken an eine völlige Gleichstellung des Cultus seiner Kirche mit dem Protes

*) In der Französischen Sprache des Originals bei Klüber, QuellenSammlung zum öffentlichen Recht des Deutschen Bundes, S, 12–93 und Martens Supplement a. a. O. vol. II., pg. 379–431.

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tantischen, und an die gleiche Berechtigung der Evangelischen zu den öffentlichen Aemtern in Belgien nicht ertragen konnte, erregten eine grosse Missstimmung gegen das neue Verfassungswerk, das ihnen nur wie ein ausländisches und aufgedrungenes erschien. Es wurde eine Versammlung der Notabeln nach Brüssel auf den 8. August 1815 berufen, es sollten 1603 Mitglieder erscheinen. Von diesen kamen 280 gar nicht zur Versammlung, und 796 erklärten sich gegen die Annahme der Verfassung, während nur 527 für dieselbe stimmten. Unter den ersten, den 796 Verwerfenden, hatten inzwischen 126 ihre Stimmen mit der Clausel abgegeben, dass sie den Verfassungsentwurf ohne die darin vorkommenden Artikel über die Gleichstellung des Cultus, welche sie mit ihrem Gewissen nicht vereinigen könnten, keineswegs gemissbilligt haben würden. Und welcher Geist durch den Klerus in Belgien schon wieder damals, als kaum die Befreiung des Landes durch die Waffen der Verbündeten errungen war, angefacht wurde, ergiebt sich aus der Adresse desselben, welche der Bischof von Gent, Fürst Moritz Broglio, gleich nach Eröffnung der Notabeln - Versammlung dem Könige überreichte; es heisst in derselben, es werde das Ganze in Verwirrung untergehen, wenn die vorgeschlagene Begünstigung jedes Glaubensbekenntnisses statt haben sollte". Aber König Wilhelm I. liess sich dadurch nicht irre machen, im Besitz der zwingenden Macht, da die Heere der Verbündeten nur in geringer Entfernung um die Französische Hauptstadt concentrirt standen, und gestützt durch den Wortlaut der Verträge mit den vier Grossmächten und deren Anerkennung in der Wiener Congressacte, machte er die Verfassung als ein von den gesetzlichen Vertretern des Volks genehmigte und von ihm sanctionirte am 24. August 1815*) bekannt, und dass sie von nun an als das für Recht bestehende Grundgesetz des Königreichs der Niederlande geachtet werden sollte, indem er eine nahe Zusammenberufung der beiden Kammern nach Brüssel verkündigte. Der königliche Erlass, welcher diese Bekanntmachung begleitete, erklärte: „dass seine Absichten in den südlichen Provinzen verkannt oder unrichtig ausgelegt wären. Die angegriffenen Artikel über den Gottesdienst und die Gleichstellung seiner Bekenner stimmten mit der sehr lange bestehenden Gesetzgebung anderer Staaten überein, sie seien auf Verträge mit den Europæischen Mächten begründet und nach den Grundsätzen festgestellt, welche jene Souveräne in das Europæische Staaten-System eingeführt hätten; sie könnten aus dem Niederländischen Grundgesetze durchaus nicht wegfallen, ohne den Bestand der Monarchie in die Wagschaale zu

*) Es war das Geburtsfest des Königs gewählt, der an diesem Tage das drei und vierzigste Lebensjahr beendete.

legen und die Garantie des Reichs zu vermindern. Die GeneralStaaten der nördlichen Provinzen hätten ihre Beistimmung zu dieser Constitution zu erkennen gegeben, eine Beistimmung, die um so merkwürdiger sei, da sie in einer zahlreichen Versammlung einmüthig gefasst worden, also für die deutlich ausgedrückte Meinung aller Bewohner der nördlichen Provinzen gehalten werden müsse. Da nun auch 527 Notabeln aus den südlichen Provinzen für das Grundgesetz gestimmt hätten, könne gar kein Zweifel über die Gesinnungen und Wünsche der grossen Mehrheit der Nation obwalten." Auf so künstliche Weise wurde gleich beim Anfange der Vereinigung beider Reiche die Mehrheit herausgerechnet, und es konnte daher ungeachtet aller Ahpreisung des glücklichen Ereignisses, dass nun endlich nach zweihundert und fünfzig Jahren die getrennten und zu ihrer gegenseitigen materiellen Ergänzung sich so bedürfenden nördlichen und südlichen Niederlande wieder zu einem gemeinschaftlichen Staate zusammen gekommen wären, doch nicht lange verborgen bleiben, dass schwer zu überwältigende Hindernisse einem fest dauernden inneren Verbande entgegen treten würden, deren glückliche Besiegung nur von dem günstigsten Zusammenwirken der Regierung und der beiderseitigen Volksvertreter zu erwarten stände. Am 21. September d. J. *) waren die beiden Kammern des Königreichs zum ersten Male zu einer ausserordentlichen Ständeversammlung in Brüssel vereint. Auf dem dortigen Königsplatze leistete König Wilhelm I. den Eid auf die Verfassung, und wurde darauf nochmals als König der Niederlande durch die Wappenherolde ausgerufen. Ihm folgten die Stände, und die be schworene Verfassung blieb fünfzehn Jahre lang das Band der beiden zu einem Königreich vereinten Völker. Aber nachdem auch die Belgier sich von den Niederländern im Jahre 1830 getrennt hatten und jedes Volk darauf für sich in einem besonderen Staate lebte, ist diese Verfassung doch in dem einen noch zehn Jahre lang unverändert geblieben, und in dem andern in sehr wesentlichen Theilen die Grundlage für die neue Verfassung geworden. Deshalb nehme ich hier den vollständigen Inhalt dieses Grundgesetzes auf, aber um Raum zu ersparen, nur in der Deutschen Uebersetung, da ich überdies von dem neuesten Grundgesetze für die Niederlande aus dem Jahre 1848 Original und Uebersetzung geben werde.

*) Der König wies in der Eröffnungsrede vor den vereinigten beiden Kammern an demselben Tage vorzugsweise auf das zu hoffende Glück für das Belgische Volk hin, wie sich dies nothwendig aus der innigen Verbindung mil den nördlichen Provinzen ergeben müsse.

I. Grundgesetz für das Königreich der

Niederlande

vom 24. August 1815.*)

Erstes Capitel.

Vom Königreich und seinen Einwohnern.

Art. 1. Das Königreich der Niederlande, dessen Gränzen durch den am 9. Juni 1815 unterzeichneten Vertrag der auf dem Wiener Congress versammelten alliirten Mächte festgestellt sind, ist aus folgenden Provinzen zusammengesetzt:

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Nordbrabant, Südbrabant, Limburg, Geldern, Lüttich, Ostflandern, Westflandern, Hennegau, Holland, Seeland, Namür, Antwerpen, Utrecht, Friesland, Oberyssel, Gröningen, Drenthe.

Das Grossherzogthum Luxemburg, nach seinen im Wiener Vertrag festgestellten Gränzen, unter der nämlichen Souverainetät wie das Königreich der Niederlande, wird nach demselben Grundgesetze regiert, unbeschadet jedoch seiner Verbindung mit dem Deutschen Bunde.

Art, 2. Die Provinzen Geldern, Holland, Seeland, Utrecht, Friesland, Oberyssel, Gröningen und Drenthe behalten ihre gegenwärtigen Gränzen.

Nordbrabant besteht aus dem Territorium der Provinz, welche gegenwärtig Brabant heisst," mit Ausnahme jedoch desjenigen Theils, welcher dem Departement der untern Maas angehört hat,

Die Provinzen Südbrabant (Departement der Dyle), Ostflandern (Dept. der Schelde), Westlandern (Dept. der Lys), Hennegau (Dept. von Jemmapes) und Antwerpen (Dept. der beiden Nethen) behalten die gegenwärtigen Grenzen dieser Departements.

Die Provinz Limburg ist zusammengesetzt aus dem ganzen Departement der untern Maas und desjenigen Theils des Roer-Departements, welcher nach den Bestimmungen des Wiener Vertrags dem Königreich zugefallen ist.

Die Provinz Lüttich begreift das Territorium des Departements der Ourthe, mit Ausnahme desjenigen Theils, welcher durch denselben Vertrag davon abgetrennt worden ist.

Die Provinz Namür umfasst den Theil des Departements der Sambre und Maas, welcher nicht zum Grossherzogthum Luxemburg gehört.

Die Grenzen des Grossherzogthums Luxemburg sind durch den Wiener Vertrag festgestellt.

Art. 3. Die für nützlich oder nothwendig erachteten Berichtigungen der Gränzen dieser Provinzen sollen durch ein Gesetz bestimmt werden, welches eben so sehr auf das Interesse der Einwohner, als auf die Bedürfnisse der allgemeinen Verwaltung Rücksicht nehmen wird,

Art. 4. Jedes Individuum, das sich auf dem Territorium des Königreichs befindet, sei es ein Eingeborner oder ein Fremder, geniesst den den Personen und Gütern verliehenen Schutz.

Art. 5. Die Ausübung der bürgerlichen Rechte wird durch ein Gesetz bestimmt.

*) Grondwet voor het Koningrijk der Nederlanden, Haag, 1815, 8vo. Französisch bei Dufau a. a. O. vol. III., pag. 166 folg.; Deutsch, bei Pölitz a. a. O, Bd. II., S. 205-29.

Art. 6. Das Stimmrecht in den Städten und auf dem Lande, so wie die Zulässigkeit zu Local- und Provinzialverwaltungen, werden durch Localund Provinzial - Statute festgesetzt.

Art. 7. Die auf jenes Recht und jene Zulässigkeit sich beziehenden, in vorigen Artikel erwähnten, Bestimmungen der Statute werden, wenn sie zehn Jahre nach der Promulgation dieses Grundgesetzes noch in Kraft sind, wie Theile dieses Gesetzes betrachtet.

Art. 8. Niemand kann Mitglied der General-Staaten, Chef oder Mitglied einer Generalverwaltung, Staatsrath, Commissarius des Königs in den Provinzen oder Mitglied des obersten Gerichtshofes werden, wenn er nicht Einwohner der Niederlande, im Königreiche oder in seinen Kolonien geboren ist, und von Eltern herstammt, die darin wohnhaft sind.

Wer in der Fremde, während einer vorübergehenden Abwesenheit seiner Eltern, oder während einer längern im Staatsdienste geboren worden, geniesst dieselben Rechte,

Art. 9. Die gebornen Niederländer, so wie die, welche als solche betrachtet werden, entweder durch eine Gesetzes-Fiction oder durch Naturalisation, sind zu allen Aemtern ohne Ausnahme zulässig.

Art. 10. Während eines Jahres, nach der Promulgation dieses Grundgesetzes, kann der König Personen, die im Auslande geboren, im Königreiche aber wohnhaft sind, das Recht des Indigenats und die Zulässigkeit zu allen Aemtern verleihen.

Art. 11. Jedermann ist zu allen Aemtern zulässig ohne Unterschied des Ranges oder der Geburt, unbeschadet jedoch dessen, was als Folge des vierten Capitels des Grundgesetzes in Beziehung auf die Bildung der Provin zial-Stände in den Reglements der Provinzen festgesetzt ist.

Zweites Capitel.
Vom Könige.

Erste Abtheilung.
Von der Thronfolge.

Art. 12. Die Krone des Königreichs der Niederlande ist und bleibt Seiner Majestät Wilhelm Friedrich, Prinz von Nassau'- Oranien, erblich auf seine legitimen Nachfolger, den hiernächst folgenden Bestimmungen gemäss. übertragen.

Art. 13. Die legitimen Nachkommen des regierenden Königs sind die jetzt lebenden oder künftig gebornen Kinder aus seiner Ehe mit Ihrer Majestät Friederike Louise Wilhelmine, Prinzessin von Preussen, und im Allge meinen die Nachkommen aus einer, vom Könige in Uebereinstimmung mit den General-Staaten contrahirten oder eingegangenen Ehe.

Art. 14. Die Krone ist nach dem Recht der Erstgeburt erblich, so dass der älteste Sohn des Königs, oder sein männlicher Descendent nach Repräsen tationsrecht ihm nachfolgt.

Art. 15. In Ermangelung eines männlichen Nachkommen des ältesten Sohnes geht die Krone auf die Brüder oder deren männliche Nachkommen über, ebenfalls nach Erstgeburts- und Repräsentationsrecht.

Art. 16. Bei gänzlicher Ermangelung männlicher Nachkommenschaft im Hause Oranien-Nassau sind die Töchter des Königs nach der ErstgeburtsOrdnung berufen.

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