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ECCARD, Meifter. (Aicardus, Ekkart, Ekehard.) I. Nur wenig weiß man von den Lebensumstán den dieses merkwürdigen Mannes. Er muß in der zwei ten Hälfte des 13. Jahrh. geboren sein und wird ein Sachse genannt. Von seinem früheren Bildungsgange weiß man nichts; zur Vollendung seiner Studien ging er nach Paris, wo er aber bald selbst als Lehrer auftrat, und zuerst als Kenner der Aristotelischen Philosophie groBen Ruf erhielt. Der Auffoderung des Papstes Boni facius VIII. folgend, begab er sich nach Rom, wo er Doktor der Theologie wurde. Unbekannt ist es, wann und wo er in den Orden der Dominikaner getreten ist, in welchem er zu solchem Ansehen gelangte, daß die Brüder ihn zum Provinzial von Sachsen erwählten. Der Konvent des Ordens zu Toulouse 1304 bestätigte diese Wahl. Sein Sit war in Köln. Im J. 1307 ernannte ihn der zu Strasburg versammelte Konvent zum Generalvikar von Böhmen mit unbedingter Vollmacht für seine Wirksamkeit. Auch in dieser Stellung erwarb er sich als Lehrer und Prediger großen Ruhm. Aus Böhmen begab er sich wieder an den Rhein, wahrfcheinlich nach Strasburg (denn er wird auch Dr. Edart von Strasburg genannt), dann nach Köln. In dieser Periode nahm aber sein forschender Geist eine Richtung, die ihm das Vertrauen der Kirche entzog. Der Erzbis schof Heinrich foderte ihn vor sich, und erklärte ihn nach dem Verhöre sehr wichtiger Irrthümer schuldig. Da Ec: card b'egegen Einsprache that, so gelangte die Sache an den Vapft Johann XXII., der das Urtheil des Erzbis schofs bestätigte und in einer Bulle (Avignon 27. März 1329) über 26 von Eccard anerkannte Säße und dessen Schriften die Verwerfung aussprach. Eccard starb jedoch vor der Veröffentlichung dieser Bulle.

In der bafeler Ausgabe der Predigten Tauler's (1521) heißt es S. 242 b.:,,Folgen hernach etlich gar fubtil vnd trefflich koftlich predigen, etlicher vast gelertter andechtiger våttern vnd lerern, auß denen man achtet Doctoren Tauler etwas seins grundes genomen haben. Namlich vnd in besonders meister Eckarts (den er vnderweylen in seinen predigen meldet) der ein fürtreffenlich I. Encykl. d. W. u. K. Erfte Section. XL.

hochgelerter man gewesen ist, vnd in subtilikeiten naturlicher vnd göttlicher fünften so hoch berüht, das vil ges erter leut zu seiner zeitten in nit wol verstunden, Deßhalb seiner ler ein teyl auch in etlichen stücken vnd articklen verworffen ist, vnd noch von einfeltigen menschen gewarfamlich gelesen werden fol. Wiewol hiehar in diß Buch mit fleiß nur gesehet ist, dann das gemeinlich wol verstanden vnd erlitten werden mag. Das ist ein teil seiner ler vnd predig, darauß man spüren móg, wie gelert vnd subtil er gewesen sey, vnd uff was grund all sein ler vnd predig (wie Doctor Taulers) geueftnet gewesen sey." Dann heißt es S. 316 b.: „Hiernach volgen drey guter leren, deß andechtigen hochgelerten vnd fubtilen Doctor Eckarts, die fich off die vorgeenden predigen schickent," in der lateinischen Übersetzung der Schrif ten Tauler's von Surius S. 669 fg.: D. Eckardi notabiles aliquot institutiones. Ebendaselbst findet sich unter Tauler's Schriften S. 831: Convivium Magistri Eckardi, de Paupertate Spiritus, de humilitate, divino amore, resignatione, et unione cum Deo.

Aus allem diesem läßt sich auf ein sehr nahes Verhältniß zwischen den beiden Zeitgenossen Eckart und Tauler schließen, die an demselben Orte lebten, und die ge= wöhnliche Meinung ist, daß Eckart ein Schüler Tauler's gewesen sei; Schmidt dagegen nimmt, gewiß mit gróBerem Recht, Tauler und Sufo als Schüler Eckart's. Der Erstere," sagt er,,,welcher mächtiger auf das Volk ges wirkt hat als Tröster und als Bußprediger, ist, obgleich selbst ein Mal gebannt, berühmter geworden, als sein mehr spekulativer und von der Kirche verworfener Lehrer; und so ist es gekommen, daß Tauler als der erste der teutschen Mystiker und Eckart sogar als dessen Schüler ist angesehen worden." So ist es nun aber auch gekom= men, daß Tauler'n Manches ist zugeschrieben worden, was ihm nicht gehört, wozu auch die 55 Predigten und vier kleineren Lehren in der angeführten baseler Sammlung von S. 242 b. an zu rechnen sind. Schmidt hat aus mehren Gründen dargethan, daß Eckart der Verfasfer von diesen allen ist. Der entscheidendste Grund ist ohne Zweifel, daß mehrere der in der Bulle von 1329

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verdammten Säße wörtlich in diesen Predigten vorkom men, wie dies aus der Zusammenstellung derselben bei Schmidt unverkennbar erhellt. Als echte Predigt Eckart's führt derselbe noch an die in der kölner Postille von 1513. Fol. 16 b. befindliche (frankf. Ausg. 1, 58) und außerdem mehrere Citate, unter denen das in dem von Docen bekannt gemachten Traktat aus dem 14. Jahrh. von der wirklichen und möglichen Vernunft (Miscellaneen I, 138-152), wol das erheblichste sein dürfte. Wackernagel in feinem altteutschen Lesebuche (A. 2. S. 889) hat aus baseler und züricher Handschriften neuerdings mehre Eckart'sche Fragmente mitgetheilt.

Diese Schriften find merkwürdig wegen ihrer Sprache und ihres Inhalts. Bei ihm, wie bei Tauler," sagt Schmidt,,,bemerkt man das erste Streben der teutschen Philosophie, sich selber eigenthümlich zu gestalten und zu gleich fich eine eigene Sprache zu bilden und Ausdrücke zu finden zur Bezeichnung metaphysischer Begriffe. Bis dahin war Alles lateinisch abgehandelt worden; die Volks sprachen waren ausgeschlossen gewesen aus dem Gebiete des höheren Wissens; Philosophie und Theologie waren eingeengt gewesen_in_die_allenthalben gleichen Formen der Scholastik, jeht aber begannen sie sich freier zu be wegen und mehr das Gepräge der verschiedenen Nationa: litäten an sich zu nehmen, was besonders in Teutschland deutlich hervortritt. Edart und Tauler haben zuerst die Volkssprache auf Theologie und Metaphysik angewandt; sie haben dieselbe mit überraschender Geschicklichkeit gehandhabt und selbst neue Worte gebildet, wenn die vorhandenen nicht hinreichten, um ihre tiefen, ja dunkeln Ideen zu bezeichnen." Dieses mag mit beigetragen ha ben zu der, von ihm selbst auch ausgesprochenen Klage, daß er so schwer verständlich sei, zumal da fein Stil fich durch eine gedrängte, aphoristische Kürze auszeichnet, hauptsächlich aber ist es doch die Folge von den Ideen selbst, die er vortrug.

Eckart war Mystiker, den seine Spekulation zu dem Pantheismus führte. Sein Ausgangspunkt ist die Bes ftimmung des Begriffes vom Wesen. Wesen, fagt er, ist so lauter und so hoch, daß Niemand Wesen geben mag, als Gott allein. Gottes Eigenschaft ist Wesen. Allein im Wesen liegt Alles, was irgend etwas (icht) ist. Wefen ist ein erster Name; Alles was gebrechlich ist, das ist Abfall vom Wesen; alles unser Leben sollte ein Wesen sein, und in sofern unser Leben ein Wesen ist, in sofern ist es in Gott, und in sofern unser Leben eingeschlossen ift in Wesen, in sofern ist es Gott verwandt (fippe); Abfall von dem Wesen ist das Zeitliche, welches hindert, daß wir nicht stetig sind in dem Leben, das ein Wesen ist. Das Zeitliche trägt Widersaßung in sich (Gegen fähe). Was ist Widersagung? Lieb und Leid, Weiß und Schwarz, das hat Widersazung, und die bleibt nicht im Wesen. Im Wesen allein ist Einheit, nicht Getheiltes. Wenn die Sele kommt in das Licht der Vernünftigkeit, da weiß sie nichts von Widersagung. Niemand aber außer Gott kann eigentlich sagen: Ich bin; denn er ist ein Wesen, das alle Wesen in sich hat. Diesem nach er klärt Eckart den Tert von dem getreuen Knechte, den

der Herr über all sein Gut sehen will, so: Was ist des Herrn Gut? Das ist das Gute soweit es verbreitet ist und getheilt in alle Dinge, oder in allen Creaturen, welche gut sind von seiner Güte, denn Niemand ist gut als allein von ihm; darum ist es sein Gut und auch Alles, was man Gott selber sprechen, oder mit Unterschei= den begreifen oder in mancherlei Weise zu Licht bringen mag. über alles dies Gut ist der Herr, und ist doch das selbst, ist ein Etwas, und doch weder dies noch das, und ist weder hie noch da. Wenn er sagt: Ich will dich sehen über all mein Gut, so ift's als wollte er sprechen: Geh aus allem geschaffenen Gut, aus allem zerstückten und getheilten Gut in das ungeschaffene, ungetheilte, unzerstückte Gut, das ich selber bin. Sagt er, er solle eingehen in die Freude seines Herrn, so heißt das, aus der getheilten Freude, die das, was sie ist, nicht von ihr selber ist, in die ungetheilte, die das, was sie ist, von und mit ihr selber ist, in die Freude des Herrn. Diese aber ist der Herr selber und kein Ding anders. Der Herr ist eine lebende, wesende, iftige Vernünftigkeit, die sich selber versteht und ist, selbst in ihm selbst lebt und das Selbst ist. So ist Gott an sich (ohne alle Weise; mithin absolut); er lebt, und ist froh deß, daß er ist. Dies ist die Freude des Herrn, und ist der Herr selber. - Ehe die Creaturen waren, da war Gott mit Gott, er war das was er war; da aber die Creaturen wurden und ihr geschaffenes Wesen anfingen, da war Gott_nicht in ihm selber, sondern in den Creaturen war er Gott. Edart unterscheidet hiebei zwischen Gott und Gottheit. Die Gottheit ist ihm eben das, was er hier Gott vor der Schöpfung sein läßt, das ewige, unbegreifliche Wesen, welches nur mit sich selbst ist, die verborgene Finsterniß der ewigen Gottheit; die Gottheit wirkt nicht, aber Gott, der sich durch sein Wirken offenbart. Es scheint indessen, daß der Unters schied zwischen beiden so gar bedeutend nicht sei, denn die Frage, wie denn nun die Gottheit eigentlich zu Gott geworden sei, kann im Grunde hier gar nicht aufgewor fen werden, da er annimmt, daß die Schöpfung mit Gott gleich ewig fei. Sonach låge hier nur der Sat, daß die Natur der Gottheit an fich unerforschbar und nur aus ihren Werken erkennbar fei. Hiezu kommt noch, daß er fagt: Von Nott (aus Nothwendigkeit) muß Gott wirken alle feine Werke, und er ist allezeit wirkend in Ewigkeit. Sein Wirken besteht in dem Gebåren seines Sohnes, und den gebårt er allezeit. In der Geburt find alle Dinge herausgeflossen, und er hat so große Lust in dieser Geburt, daß er all seine Macht in ihr verzehrt. Gott gebiert sich aus ihm selber in sich selber; je vollkommener die Geburt ist, je mehr gebiert sie. Ich sage: Gott ist allzumal Ein, erkennt alles zusammen als Ein, er erkennet nicht als sich allein. Gott könnte sich nicht nie erkennen, wenn er sich nicht in seinen Creaturen erkennte. Eennte. Gott macht uns sich selber erkennen. Sein Wesen ist sein Erkennen (Bekennen, wissen), und es ist dasselbe, welches er mich macht erkennen und das ich erkenne, und darum ist sein Erkennen mein, wie es in dem Meister eins ist was er lehret und in dem Jünger

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was er gelehrt wird. Ift nun aber sein Erkennen mein, und ist seine Substanz fein Erkennen und seine Natur und fein Wesen, so folgt, daß seine Substanz und sein Wesen mein ist; ist aber seine Substanz und Wesen und Natur mein, so bin ich der Sohn Gottes). Das Wesen Gottes ist aber blos Wesen des Geistes. Ich sage, daß er Geist ist; daran liegt unsere Seligkeit, daß er uns mit ihm vereine. Das Edelste, was Gott wirkt in allen Creaturen, ist das Wesen. Mein Vater gibt mir wol meine Natur, aber nicht mein Wesen, das wir tet allein Gott. Das Wesen der Sele ist Empfänglich keit für den Einfluß göttlichen Lichtes, aber nicht so lauter und so klar, als es Gott geben mag, vielmehr in ei ner Umwölkung. Da aber Gott Geist ist, so ist das geringste Geistige edler als das oberste Leibliche, daher ist eine Sele edler als alle leibliche Dinge.

Die Sele ist geschaffen gleichsam in einem Raume zwischen Zeit und Ewigkeit, welche sie beide berühren. Mit den obersten Kräften berührt sie die Ewigkeit, mit den niederften die Zeit. Sie wirket in der Zeit Werke nach der Ewigkeit. Der Geist führt das Leben in alle Glieder durch die große Einung der Sele mit dem Leibe. Obschon aber der Geist vernünftig ist und er das Werk wirket, so soll man doch nicht sagen, meine Sele thut dies und das, denn Sele und Leib vereinigt find ein Mensch. Bei der großen Einung der Sele mit dem Leibe ist aber die Sele doch in dem mindesten Gliede so vollkommen als in dem Leibe allzumal. Wie groß aber die Einung zwischen Leib und Sele ist, so ist die Einung doch viel größer wo sich Geist mit Geist vereint. Gott ist darum Geist, damit er uns selig mache durch die Ei nung mit ihm. Gleich und Gleich allein ist eine Ursache der Einung. - Ich habe es oft gesagt, daß eine Kraft in der Sele ist, die weder Zeit noch Raum (Statt) be rührt, fie fließt aus dem Geist und ist zumal geistig. In dieser Kraft ist Gott allzumal blühend und grünend mit aller feiner Kraft. Bisweilen hab' ich gesagt, es sei eine Kraft im Geifle, die sei allein frei; bisweilen hab' ich gesagt, es sei ein Licht des Geistes, bisweilen, es sei ein Funklein: jest aber sag' ich, es ist weder dies noch das, denn es ist ein Etwas, das höher ist über dies und das als der Himmel ist über der Erde. Darum nenne ich es jest in einer edlern Weise als je. Es ist von allen Namen frei, von allen Formen blos und ledig und frei allzumal, wie Gott ledig und frei ist in ihm felber, mit diesem Theile ist die Sele Gott gleich und anders nicht. Edart erklärt sich hierüber nicht deutlich. Er meint die Fähigkeit der Erkenntniß des Übersinnlichen,

1) Bisweilen unterscheidet er Christus als den Sohn Gottes, aber nur als den Erstgebornen (Adam war nicht der erste Mensch, sondern Christus), der aber die ganze Menschheit in sich vereinigte. Gott einigte die ganze Menschheit an sich und nicht einen Menschen. Er sagt: „Alles was der Sohn hat, das hat er von seinem Vas ter, Besen und Natur, damit wir derselbe eingeborne Sohn seien. Niemand hat den heiligen Geist, er sei denn der eingeborne Sohn.

Der Vater und der Schn die geiften den heiligen Geift."Er gebiert seinen Sohn, und das gefällt ihm so wohl, daß er nie ein anderes thut als seinen Sohn gebären. Da der Vater seinen Sohn in mir gebiert, so bin ich derselbe Sohn und nicht ein andrer."

Gottes, wie er an sich ist in seinem abfoluten Wesen (ohne Weise und Eigenschaft, ein und einfaltig in ihm selber). Bisweilen scheint er der Vernunft diese Fáhigkeit zuzuschreiben, sagt aber auch: Ich kann Gott nicht lieben, ohne ihn vorher erkannt zu haben; soll ich ihm genahet werden, so muß ich aus meiner natürlichen Bernunft gerückt werden mittels eines Lichtes, das über fie ist. Gottes Natur ist, daß er sich gibt einer jeglichen guten Sele, und der Sele Natur ist, daß fie Gott empfångt, und dies mag man sprechen von dem Edelsten das die Sele zu leisten vermag; da trägt sie das göttliche Bild und ist Gott gleich.

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Was Gebrechen ist, das ist nicht nothwendig; darum muß was nichtig ist in dem Menschen getilgt werden, denn so lange Gebrechen in dir ist, bist du nicht der Sohn Gottes. Daß der Mensch klaget und leidig ist, das kommt alles vom Gebrechen. Dies alles muß getilgt und ausgetries ben werden, damit der Mensch werde der Sohn Got tes und weder Klage noch Leid da sei. Es ist zweierlei Geburt des Menschen, eine in der Welt, die andere aus der Welt, das ist geistig in Gott. Willst du wissen, ob dein Kind geboren werde und ob es geboren sei, d. i. ob du Gottes Sohn gemacht seift? So lange du Leid um irgend etwas hast, so lange ist dein Kind nicht geboren; dann aber ist es vollkommen geboren, wenn der Mensch um kein Ding Leid im Herzen empfindet; dann hat er das Wesen und Natur, Substanz, Weisheit, Freude und alles was Gott hat; dann wird das Wesen des Sohnes Gottes unser und in uns, und wir kommen in das Wesen Gottes. In Gott ist weder Zorn noch Betrübniß, sondern Licbe und Freude. Wiewol es scheint, daß er etwa zúrne über den Sünder, so ist dies doch nicht 3orn, sondern Liebe, denn es kommt von großer göttlicher Liebe. Wenn er die straft, die er lieb hat, fo ist er die Liebe, die da ist der heilige Geist. Darum ift der Zorn Gottes aus der Liebe, denn er zurnt ohne Leiden: Darum, so du dazu kommst, daß du weder Leid noch Schwachheit um etwas haben magst und daß dir Leid nicht Leid ist, und alle Dinge dir lauter Friede find, so ist das Kind in der Wahrheit geboren. Befleißigt euch aber nicht allein, daß das Kind geboren werde, sondern geboren sei wie in Gott allezeit geboren ist und allezeit geboren wird.

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Aus allem diesem erhellet, daß Eckart als Ziel des Praktischen nichts anders sehte, als ein beschauliches Leben, in welchem den Affekten, Begierden und Leidenschaften keine Herrschaft eingeräumt wird, denn in dem selben wird alles Zeitliche als nichtig betrachtet,,,das nicht zu trösten vermag," und dem man entsagen muß. Die Entsagung aber treibt Eckart auf die höchste Spise. ist ein hoher Grad der Entsagung, daß der Mensch Gott durch ihn selbst verlasse und auf ihn um sein selbst willen verzichte; welch Besseres und Wertheres könnte man für Gott aufopfern als ihn selber durch sich Maßen felten, aber es gibt doch noch einen Grad, der felber. Solche Gelassenheit ist sehr hoch und aus der edler und vollkommner ist, und das ist, wenn der Mensch auch auf das ewige Leben verzichtet und das ewige Gut

und alles das Gute, das er von Gott oder von allen seinen Gaben immer haben mögte. Dies soll er mit Willen oder bedachtem Muthe nicht immer begehren noch suchen, oder darum immer dienen, noch soll ihn die Zuversicht des ewigen Lebens immer antreiben oder erfreuen, oder seine Mühen erleichtern. Dies ist der rechte Grad wah rer und vollkommner Gelassenheit. Die Sele will da durchaus nichts zu ihrem Nugen, und so scheidet sie von dieser Welt und fährt dahin, wohin sie es verdient hat. Und wohin hat sie anders verdient zu fahren als in dich, o ewiger Gott, da du ihr Leben sollst sein um dieses Sterbens der Liebe willen." Er dringt auf Entfernung aller eigennütigen Zwecke, aller Aussicht auf Belohnung bei Ausübung des Guten. ,,Wäre das nicht ein edles Leben, wenn ein Jeder auf seines Nächsten Frieden gerichtet ware wie auf seinen eignen, und wenn seine Liebe so rein und lauter und abgeschieden in sich selber wäre, daß er nichts anderes liebte als das Gute und Gott? Wäre das nicht ein selig Leben? Fragte man einen gus ten Menschen, warum liebst du das Gute? so spräche er: um des Guten willen. Warum liebst du Gott? um Gott. Ist deine Liebe so rein und lauter und so abgeschie ben in ficd felbt, bag bu nits anderes liebt als das Gute und Gott, so ist's eine sichere Wahrheit, daß alle Tugenden, die alle Menschen je ausübten, so völlig die dei nen sind, als ob du sie selbst ausgeübt hättest, ja noch lauterer und besser." — „Du solst allein die Tugend nehmen in dem Grunde, da sie ein ist mit göttlicher Na tur." -,,Die Sele wird geläutert in Übung der Tugend, d. i. wenn sie aufklimmt in ein Leben, das vereint ist. Darin liegt der Sele Lauterkeit, daß fie geläutert ist von einem Leben, das getheilt ist und tritt in ein Leben, das vereint ist. Alles was getheilt ist in nie: deren Sachen, das wird vereint, wenn die Sele aufklimmt in ein Leben, da es keine Gegensate gibt. Wenn die Sele kommt in das Licht der Vernünftigkeit, so weiß sie nicht von Gegensäßen.“ — „Ein göttlicher Mensch soll seine äußeren Augen verschließen vor allen vergänglichen Dingen, und seinen innern Sinn vor aller tödtlichen Sorge; er soll alle Gedanken in sich selbst kehren, soll schweigen und hören was Gott in ihm spricht, er soll sich über sich selbst erheben, soll in neuer Erkenntniß sich als lezeit üben und soll haben allezeit ein Vorspiel der Ewig: keit.",,Das Licht in der Sele will Gott blos wie er in ihm selber ist. Ihm genügt weder am Vater noch am Sohne, noch am heiligen Geiste, noch an den drei Pers fonen in sofern eine jede besteht in ihrer Eigenschaft. Diesem Lichte genügt nur an der Einigkeit der fruchtbar lichen Art göttlicher Natur."

Auch aus dem Wenigen was hier mitgetheilt ist, läßt sich eine bedeutende Übereinstimmung der Lehre Ecart's mit der Hegel'schen Philosophie nicht verkennen, und diese wird Jedem um so mehr einleuchten bei der Darstellung dieser Lehre von Schmidt, der die Sprache Ecart's in die Sprache Hegel's übertragen hat. Auch eine äußere Ühnlichkeit ist da. Hegel sagt: „Theologie ist das Begreifen des religiösen Inhalts; jene Theologen sollten daher eingestehen, sie könnten ihn nicht begreifen,

aber nicht das Begreifen beurtheilen wollen, am wenigs ften aber mit dergleichen Ausdrücken, wie Pantheismuš. Ültere Theologen haben diese Tiefe auf das Innigste ge= faßt; Meister Eckart sagt: Das Auge, mit dem mich Gott sieht, ist das Auge mit dem ich ihn sehe; mein Auge und sein Auge ist eins. In der Gerechtigkeit werde ich in Gott gewogen und er in mir. Wenn Gott nicht wäre, wäre ich nicht, wenn ich nicht wäre, so wåre er nicht. Dies ist jedoch nicht Noth zu wissen, denn es sind Dinge, die leicht misverstanden werden und die nur im Begriffe erfaßt werden können." Das Leste sagt jedoch Edart nicht, sondern: „Wer diese Rede nicht versteht, der bekümmere sein Herz nicht damit, denn so lange der Mensch nicht gleich ist dieser Wahrheit, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn es ist eine unbedachte (nicht durch Denken ermittelte) Wahrheit, die da kommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar." Hier dachte er ohne Zweifel an das, was er anderwärts von dem Unterschiede zwischen Glauben und Wissen sagte: Dies müssen grobe (unerleuchtete) Leute glauben, aber erleuchteten Menschen ist es zu wissen.

Treffend charakterisirt ist Eckart und seine Lehre von Somidt, auf ben id bieráber verweife. Staubenmaier (die Philosophie des Christenthums S. 640) nennt ihn einen Mann, der geistige Anlagen genug hatte, um durch sie unter den Heroen der Spekulazion jeder Zeit zu glänzen, der aber, dem mystischen Pantheismus sich hingebend und mit den Begharden oder den Brüdern und Schwestern des freien Geistes in Verbindung tretend, auf Mit- und Nachwelt nur auf sehr nachtheilige, die wahre christliche Spekulazion vernichtende Weise einwirken konnte." Hiebei ist des Verhältnisses zu gedenken, in welchem Eckart mit den Begharden soll gestanden haben: Es ist gewiß, daß bei Eckart Stellen vorkommen, welche mit Stellen aus dem Buche der Begharden ebenso übereinstimmen wie andere mit den in der päpstlichen Bulle verurtheilten. Der Begharden Geheimlehre war in einem allegorischen Buche enthalten, betitelt de novem rupibus, von den neun Graden der Vollkommenheit (vergl. bei Surius p. 820: de novem statibus sive gradibus salutis ad proficiendum continue, per veram sui abnegationem sive resignationem in vera atque christiana vita), aus welcher Mosheim die Hauptfáze mitgetheilt hat. Gieseler hålt es für zweifellos, daß Eckart der Verfasser dieser Schrift sei, und man würde ihm beistimmen müssen, wenn es gewiß wäre, daß Eckart sich auch zu denen Sázen bekannt habe, die sich in seinen Schriften nicht finden, z. B.,,Will Gott in etlicher Weise, daß ich gesündigt habe, so soll ich nicht wollen, daß ich nicht gesündigt habe, und das ist die wahre Buße. Hätte der Mensch tausend Todsünden begangen, wäre aber mit Gott verbunden und wohl geordnet, so sollte er nicht wollen, daß er diese Sünden nicht begangen hatte, und sollte eher tausend Tode leiden wollen, als diese Todsünden nicht begehen wollen" "). Nach

2) Eckart sagt gerade das Gegentheil. „Der Mensch, der in Gottes Willen steht und in Gottes Liebe, dem ist es lustig alle

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Schmidt wåre nicht Eckart, sondern ein Begharde, Schüler Eckart's, der aus den Schriften seines Meisters eine theologische Metaphysik anfertigte, der Verfasser. Überdies bemerkt Schmidt, daß das von Mosheim angeführte Buch (Inst. p. 483. Anm. s) nicht das der Begharden ist, sondern das dem Mystiker Suso zuge schriebene, das aber einen strasburger Bürger, Rulmann Merschwin zum Verfasser habe. (Trithemius in Fabric. Biblioth. eccles. Mosheim, Institutiones hist. eccl. p. 482 seq. Derselbe, De Beghardis et Beguinabus p. 281 seq. - Schmidt, Meister Ecart in den theol. Studien und Kritiken, her ausg. von Ullmann und Umbreit 1839. S. 663 fg. Giefeler, Lehrb. der Kirchengeschichte. 2. Bd. 2. Abth. S. 692. Anm. hh.)

II. Der Eckart, von welchem bisher gehandelt wurde, wird auch als der ältere bezeichnet, zum Unterschiede von einem gleichzeitigen jüngeren, von welchem aber nur wenige Bruchstücke übrig find, ein von Surius mitges theilter Brief: de perfecta resignatione et oblivione nostriipsorum et omnium quae in schola Dei addiscuntur, und vier Predigten.,,Er erscheint," so urtheilt Schmidt,,,als einer der zahlreichen Mystiker oder Got tesfreunde jener Zeiten und Gegenden, welcher sich seines Lehrers Ansichten durchaus zu eigen gemacht hatte, ohne fie, wie es scheint, selbständig durchgedacht und auf eine originelle Weise reproducirt zu haben." (H.) EGGERS (Jacob, vor dem J. 1751 blos Eggers, seit 1751 von Eggers und seit 1772 Freiherr von Eggers), dieser kriegswissenschaftliche Schriftsteller war den 14. Dec. 1704 zu Dorpat1) geboren, wenige Monate nach der Eroberung dieser Stadt durch die Russen, sodaß also zur Zeit der Geburt dieses Geschichtschreibers und Kriegshelden zwar noch der größte Theil des Landes, aber nicht mehr sein Geburtsort unter schwedischer 2) Herrschaft stand. Unseres Geschichtschreibers Vater, Jacob Eg gers, gebürtig aus Holstein, war ein Bäcker, sowie auch sein Großvater von mütterlicher Seite, Cajus Krüger. Schon in dem ersten Jahre seiner Geburt verlor der junge Jacob Eggers seinen Bater durch den Tod, und im vierten Jahre seines Lebens ward er, nebst feinen Mitbürgern, von den Russen genöthigt, seiner Va terstadt den Rücken zu wenden und ward mit seiner Mutter nach Archangel gebracht. Hier empfing er den ersten

Dinge zu thun, die Gott lieb sind, und alle Dinge zu lassen, die wider Gort find, und ist ihm unmöglich kein Ding zu lassen, das Gott gewirkt haben will, und teins zu thun das wider Gott ist. Bie dem, dem die Beine gebunden wären, unmöglich wäre zu gehen, so wäre es dem Menschen unmöglich eine Untugend zu üben, der in Gottes Willen ist. Es sprach einer: Håtte Gott geboten Untugend zu wirken und Jugend zu meiden, dennoch vermöchte ich's nicht Untugend zu thun, denn niemand liebt die Tugend außer wer die Tugend selber ist.

1) Irrthümlich wird in Hamberger's Gel. Teutschland 1772. S. 153 angegeben, daß Eggers in Holland geboren sei. 2) Nach dem ungenannten im Ehrengedächtniß des Freiherrn Jacob von Eggers wäre er unter schwedischer Herrschaft geboren, welches aber Gadebusch (Livländische Bibliothet. 1. Th. [Riga 1777.] G. 242, 243) widerlegt.

Unterricht in der nach August Hermann Franke's Plan eins gerichteten Schule, ward im J. 1713 nach Ustjug Weliki geschickt, denn in dieser Provinzialstadt, im archangelschen Gouvernement, verheirathete sich seine Mutter mit dem Freiherrn Knut Gabrielson Sparre, mußte im nächstfolgenden Jahre (1714) diesen Ort wieder verlassen und sich nach Totma, einer Handelsstadt, ebenfalls "im archangelschen Gouvernement, verfügen, ward von vers schiedenen schwedischen Officieren, welche er hier fand, in der lateinischen, französischen und italienischen Sprache unterrichtet, und erhielt von ihnen auch eine nügliche Anweisung zu den mathematischen Wissenschaften. Der junge Mensch hatte in seiner Gefangenschaft die russische Sprache leicht erlernt, und weil er ihrer mächtig war, ward er nach Wologda gesandt, wo er den Dienst eines Unterschreibers in der russischen Kanzlei übernahm. Der den 10. Sept. 1721 zu Nystadt zwischen Rußland und Schweden geschlossene Friede schenkte auch dem Unterschreis ber seine Freiheit. Er begab sich nach Stockholm und kam hier im J. 1722 an, ward unter der Aufsicht seines Stiefvaters im J. 1723 als Freiwilliger bei der Fortification und im J. 1725 als Sergeant bei dem Lenkischen Regimente angestellt, bat, um sich durch Reisen auszubilden, um Urlaub, begab sich dem zufolge im I. 1727 in das unter dem Prinzen von Tingry zwischen der Maas und Sambre stehende Lager und reiste 1728 nach Frankreich, Brabant und in die vereinigten Niederlande, bereicherte sich mit neuen Kenntnissen und kehrte mit ihnen im folgenden Jahre (1729) nach Stockholm zurück. Bis zum J. 1731 verrichtete er die Dienste ei nes Conducteurs in der Festung Friedrichsburg und wurde zugleich als Adjutant bei der Fortification gebraucht, verlor bald darauf seinen würdigen Stiefvater, der als Hauptmann bei der Garde den 1. Jan. 1733 starb. Als im nämlichen Jahre die Kriegsflamme in Polen ausbrach, ein russisches Heer für August III. entschied, und der von der Nation gewählte König Stanislaus Lescinsky sich nach Danzig flüchten mußte, bot er, mit Erlaubniß des Königs von Schweden, dem polnischen König und der Stadt Danzig seine Dienste an, erhielt eine Compagnie unter dem Leibdragonerregimente, ward während der Belagerung der Stadt Danzig den französischen Ingenieurs an die Seite gesezt und leistete bei den gefährlichsten Postirungen die rühmlichsten Dienste. Zugleich benugte man seine Kenntniß der russischen Sprache, und übertrug ihm die Übersetzung der aufgefangenen russischen Briefe. Die Belagerung Danzigs endete den 30. Juni 1734 mit des sen Einnahme, nachdem Stanislaus verkleidet entwischt war. Eggers ward im Anfange des Jahres 1735 zum Hauptmanne von der Artillerie in hessischen Diensten ernannt, um die Festungswerke zu Rheinfels zu besichtigen und zu verbessern, und ging auf seines Königs Befehl dahin. Gegen das Ende desselben Jahres (1735) ward er Lieutenant bei der Fortification in Schweden, begab sich darauf mit dem Obersten, dem Grafen von Horn, nach Hanover und im folgenden Jahre (1736) nach Wien, zu einer Zeit, in welcher daselbst der Herzog von Lothringen sein Beilager hielt, ging von Wien nach Ve=

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