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Sicherheit des gemeinschaftlichen Verkehrs mit ihrer Basis in den Grundgesetzen des Staatsrechts der verschiedenen Staaten verlangen eine vertrautere Bekanntschaft mit denselben. Indess ist diese Kenntniss nicht so leicht zu gewinnen, und eine nur oberflächlich gewonnene Kenntniss erwirbt sich für die angeführten Fälle kein volles Vertrauen; denn sie entbehrt der Zuverlässigkeit, wenn sie nur aus abgeleiteten Hülfsmitteln geschöpft ist, in denen gemeinhin eine subjective Auffassung vorzuherrschen pflegt. Wir werden also zu den Quellen selbst, d. h. zu den wortgetreuen Texten der Grundgesetze, zurückgewiesen.

Doch hier tritt uns eine neue Schwierigkeit entgegen, weil diesem Bedürfnisse entsprechend, keine vollständige Sammlung der für die Gegenwart noch verbindlichen Verfassungsurkunden uns zu Gebote steht. Die beiden allgemeineren Sammlungen von Dufau und Pölitz sind weder an sich vollständig, noch können sie, weil sie vor mehr als 15 Jahren bereits beendigt*) sind, in dem gegenwärtigen an neuen Verfassungsurkunden so reichen Zeitalter genügend ausreichen. Es erscheint indess hiebei noch ein anderer Umstand, in Bezug auf den Umfang solcher Sammlungen, der besonderen Berücksichtigung sehr empfehlungswerth, damit eine Handsammlung, die für das Bedürfniss des gegenwärtigen allgemeinen Staatsrechts genügt, nicht durch Zusammenhäufung antiquirter Grundgesetze unnöthig vertheuert und dadurch dem allgemeinen Gebrauche entzogen wird. Im Allgemeinen müssen wir einen doppelten Zweck für die Veranstaltung solcher Sammlungen aufstellen, einen historischen und einen rein politischen. Verfolgen wir jenen ersten, so gehört in eine solche Sammlung jede Verfassungsurkunde, auch wenn sie längst aufgehoben, oder selbst nur von einer politischen Parthei für einige Zeit zur Geltung gebracht ist, weil

*) Vier Monate nach der Herausgabe meines Prospectus wurde eine Fortsetzung der Pölitzschen Sammlung von Professor Dr. F. Bülau in Leipzig, als vierter Band der älteren Sammlung angekündigt. Es ist auch bereits die erste Abtheilung (Lpz. 1847. 360 S. 8vo.) erschienen, welche die Verfassungen des Deutschen Staatenbundes seit dem J. 1833 bis zum April 1847 enthält.

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diese Verfassungsurkunden für geschichtliche Thatsachen als Documente benutzt werden müssen. Der hochgeachtete Hannöversche Diplomat Martens gab noch als Professor in Göttingen 1794 in seiner,,Sammlung der wichtigsten Reichsgrundgesetze" den Anfang eines solchen Codex heraus: er enthielt nur die Urkunden für Dänemark, Schweden und Grossbritanien und blieb eben wegen seines Umfanges unvollendet, indem nur der erste Band erschien. Auch die oben bereits angeführte Sammlung von Pölitz,,, die Europäischen Verfassungen seit dem Jahre 1789" 2. Auflage (die erste erschien 1817-24) Leipz. 1832-33 3 Bde. in gr. 8vo., muss als eine historische für eine bestimmte Periode angesehen werden, da sie fast alle hieher gehörige Entwürfe zu Verfassungen, aufgehobene und noch geltende Grundgesetze aus den angegebenen 43 Jahren (1789-32) in sich aufgenommen hat. Es fehlen aber in dieser Sammlung alle ältere noch geltende Europäische Verfassungsurkunden, die vor dem Anfangsjahre der Französischen Revolution gegeben sind: mithin sämmtliche Englische Grundgesetze, jedoch nicht nur die vor 1789 seit der magna charta angenommenen und noch jetzt in Gesetzeskraft aufrecht erhaltenen, sondern mit einer bemerkenswerthen Jnconsequenz sind auch die in den angegebenen Zeitraum fallenden, wie die Unionsacte mit Irland vom 2. Juli 1800, die Emancipationsacte der Katholiken vom 29. April 1829 und die Reformacte vom 6. Juni 1832, nicht aufgenommen. In gleicher Art, jedoch mit Einschluss der damals unabhängigen Amerikanischen Staaten, ist die „,Collection des constitutions, chartes et lois fondamentales des peuples de l'Europe et des deux Ameriques" Paris, 6 vol. gr. 8vo. 1823, von P. A. Dufau, J. B. Duvergier und J. Guadet angelegt, zu welcher Dufau allein im Jahre 1830 noch einen Supplementband Paris gr. 8vo. hinzufügte. Für diese Sammlung ist zwar kein bestimmtes Jahr als Anfangspunkt festgehalten, sondern ein historisches Resumé dient als Einleitung zur ältesten Verfassung, und dann werden mehr oder minder vollständig, oft nur in sehr gedrängten Auszügen, aus den betreffenden Grundgesetzen in Französischer Uebersetzung die einzelnen Berechti

gungen und politischen Verhältnisse angegeben. Für die neuere Zeit werden die Urkunden vollständiger, aber leider flüchtiger und ungetreuer übersetzt, jedoch kommen auch hier häufig Auslassungen vor, die den Herausgebern unwichtig erschienen sind. Andere politische Sammelwerke, wie Martens Recueil des traités etc. mit seinen Fortsetzungen, L. Lüders diplomatisches Archiv für Europa," die bei Cotta seit 1821 erschienenen „Archives diplomatiques" und ,,neueste Staatsacten und Urkunden," enthalten zwar mehrere Verfassungsurkunden, die in diesen Jahren (1821-33) bekannt gemacht sind, jedoch ohne Auswahl und Anordnung des Zusammengehörigen, sind also für den angedeuteten Gebrauch nur selten und mit Mühe zu benutzen. Die Sammlungen, welche sich auf ein Land oder auf den Deutschen Bund beschränken, wie von Zangen, Meyer u, a., lasse ich hier unberücksichtigt, weil dies Vorwort nur die allgemeinen Sammlungen berühren soll.

Für den rein politischen Zweck, d. h. für die Kenntniss der heutigen politischen Zustände in den Staaten nach den Bestimmungen der noch geltenden Grundgesetze, wird eine Sammlung für völlig ausreichend erkannt, wenn sie nur diese Grundgesetze darbietet und die dazu wesentlich nothwendigen Erläuterungen hinzufügt. Von einer solchen Sammlung darf man mit Zuversicht behaupten, dass sie einem zeitgemässen Bedürfnisse der politischen Literatur entspricht, dass sie eben so für ernstere politische Studien wie zur richtigen Auffassung der Zeitverhältnisse unentbehrlich ist. Denn für alle politische Fractionen ist bei Beurtheilung der Sachverhältnisse die Forschung und Vergleichung in den Originalurkunden ein unabweisbares Erforderniss. Dies war die Veranlassung, mich nicht nur lebhaft für den Gedanken zur Herausgabe einer solchen Sammlung zu interessiren, sondern selbst die Hand an ein solches Unternehmen zu legen. Die Arbeit dafür konnte ich auf dem mir genau bekannten Felde um so schneller und erfolgreicher fördern, als ich seit mehr als zwanzig Jahren, bei dem Sammeln und Verarbeiten des Materials für mein Handbuch der allgemeinen Staatskunde, mit den betreffenden Verfassungsurkunden

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mich wohl vertraut gemacht habe. Und welche Veränderungen in der Gegenwart auch für die Verfassung vieler Staaten herbeigeführt werden mögen, so wird stets eine genaue Uebersicht der unmittelbar vorausgegangenen inneren Zustände wesentlich erfordert, um das Verständniss der neuen Verfassungsurkunden und ihre Stellung zu den früheren politischen Verhältnissen dieser Staaten zu erläutern.

Der in dem Prospectus bekannt gemachte Plan über die innere Einrichtung dieser Sammlung, nach welcher der erste Band die westlichen Staaten Europa's, die Nordamerikanischen Freistaaten und Brasilien, der zweite die Deutschen Staaten mit Ausschluss des Oesterreichischen, der dritte ausser dem Oesterreichischen Staate noch die Jtalienischen, die Schweiz, Griechenland und die Nordischen umfassen sollte, ist in Folge der jüngsten Zeitereignisse insofern abgeändert, als der erste Band zwar genau die früher angegebene Reihenfolge Grossbritanien, Nordamerikanische Freistaaten, Frankreich beobachtet, aber mit Frankreich abbricht, weil bei der Correctur des letzten Bogens dieses Staates die Nachrichten von der neuen Revolution einliefen, und einen Anhalt nothwendig geboten, um nicht durch spätere Supplemente den Gebrauch die Sammlung gleich im Augenblick des Erscheinens zu erschweren.

Dieser Band nimmt aber schon für sich allein ein bedeutsameres Interesse in Anspruch*), weil er eben Grossbritanien und Irland, die Nordamerikanischen Freistaaten und Frankreich enthält. Dass mit Grossbritanien der Anfang einer solchen Sammlung am angemessensten zu machen war, liegt für jeden Kundigen auf der Hand, weil hier sechs Jahrhunderte an der Verfassung gearbeitet haben, ohne die erste Grundlage in sehr wesentlichen Puncten aufzugeben. Es bietet also die Britische Verfassung ein vollständiges Bild einer historischen Entwickelung dar auf der festgehaltenen Basis, Ganz das Gegenstück

*) Er wird daher auch von dem Herrn Verleger unter einem besonderen Titel: „Die Verfassungs-Urkunden und Grundgesetze von Grossbritanien und Irland, den Nordamerikanischen Freistaaten und Frankreich" allein ausgegeben.

bildet die Nordamerikanische Verfassung in rascher Vollendung, obschon sie für die wichtigsten Objecte des bürgerlichen Lebens auf Britischer Grundlage beruht, so dass der nähere Zusammenhang dieser mit der Britischen Verfassung nicht deutlicher nachgewiesen zu werden braucht, sobald man eine Vergleichung der beiderseitigen Grundgesetze veranstaltet. Nachdem aber die Nordamerikanische Verfassung 1787 erst einmal fest angebaut ist, erkennen wir das gleichmässige beharrliche Festhalten au derselben wie in Grossbritanien, so dass sie seit 60 Jahren keine wesentliche Umgestaltung erfahren hat. Der Uebergang von diesen beiden Staaten auf Frankreich ist wiederum durch die Französische Revolution seit 1789 vollständig gerechtfertigt, da gerade die politischen Elemente aus dem Nordamerikanischen Unabhängigkeitskriege und der in demselben gebildeten republikanischen Verfassung den unzweideutigsten Einfluss auf die Französischen Zustände ausgeübt haben, wofür eine weitere Ausführung sich in der historischen Einleitung zu den Verfassungs-Urkunden dieses Staates vorfindet.

Bei den Grundgesetzen dieser Staaten habe ich es überdies für nothwendig erachtet, den Originaltext und eine wortgetreue Deutsche Uebersetzung aufzunehmen, in den späteren Bänden werde ich von den fremdländischen Verfassungsurkunden nur die Deutsche Uebersetzung liefern. Wer die politische Bedeutung der in diesem Bande behandelten Staaten richtig aufzufassen gelernt hat, und wer eine unbefangene Beurtheilung dieser wichtigen Verfassungen sich anzueignen strebt, wird die Beibehaltung des Originaltextes ganz abgesehen davon, dass derselbe für Grossbritanien und Nordamerika in dieser Vollständigkeit nur mit grosser Mühe aus vielen bändereichen Sammlungen herbeizuschaffen ist zu würdigen verstehen: für die übrigen Staaten erscheint sie weniger wesentlich und muss zur Vermeidung des zu grossen Umfangs dieser Sammlung aufgegeben werden.

Königsberg, den 12. März 1848.

F. W. Schubert.

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