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Westgothische Arianismus

und

die Spanische Ketzer-Geschichte

von

Adolf Helfferich.

BERLIN.

VERLAG VON JULIUS SPRINGER.

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Vorwort.

Die nachstehende Reihe kritischer Untersuchungen verbreitet sich über einen nicht unwichtigen Zeitraum kirchlichen Lebens, von dessen innerem Zusammenhang bis jetzt wenig mehr als einzelne Thatsachen und kärgliche Vermuthungen laut geworden sind.

Die Methode, die zu den Ergebnissen führte, ist zwar nicht die herkömmliche: weder bleibt sie bei der allgemeinen Zusammenstellung des in den vorhandenen Urkunden zerstreuten Inhalts und dessen erbaulicher Verwerthung stehen, noch auch versteigt sie sich zu begrifflichen Constructionen, die auf dogmatischem Gebiete den Menschen und Verhältnissen keine Rechnung tragen zu müssen glauben. Dem Verfasser war es vielmehr einzig und allein darum zu thun, durch unparteiisches Abwägen der geschichtlichen Erscheinungen und durch nüchterne Prüfung der Quellen den religiösen Entwickelungsprozess einer Mischbevölkerung zu ermitteln, deren Lebenszustände von höchst eigenthümlicher Art waren. Man, wird ungescheut behaupten dürfen,

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kann, und die in nichts Geringerem bestehen, als in der eigenthümlichen Organisation des einer Bevölkerungsmasse von Natur zukommenden Denkvermögens einerseits und der gesellschaftlichen Zustände andrerseits, in deren Begleitung das nationale Bewusstsein einen beliebigen Inhalt sich zu eigen macht.

Dass die Spanier, nachdem sie von dem benachbarten Afrika aus für das Christenthum gewonnen worden waren, bei den kirchlichen Streitigkeiten, deren Wiege das Morgenland war, nicht bloss müssige Zuschauer abgeben, vielmehr selbstthätig sich betheiligen würden, liess sich schon darum vermuthen, weil die Iberer, seitdem ihr Land von den Römern unterjocht war, sich vollständig in das römische Wesen einlebten und aus ihrer Mitte eine nicht unbedeutende Anzahl römischer Schriftsteller hervorgehen sahen. In den Arianischen Händeln spielte Bischof Hosius1) von Cordova, obschon in der minder ehrenwerthen Eigenschaft eines byzantinischen Hoftheologen, eine hervorragende Rolle; auf der Synode zu Sirmium (i. J. 357) fasste Potamius von. Lissabon das Bekenntniss ab; Kaiser Theodosius, der dem Siege des Nicänischen Glaubensbekenntnisses den meisten Vorschub leistete, war in Spanien geboren und erzogen; Parmenianus, Bischof von Karthago und sehr befähigtes Haupt der afrikanischen Donatisten, scheint gleichfalls von spanischer Abstammung gewesen zu sein; der spanische Presbyter und Geschichtsschreiber Orosius stand dem Augustin im Kampfe mit Pelagius kräftig zur Seite; Turibius, Bischof von Astorga, nahm Partei gegen die Priscillianistischen2) Ketzereien, deren Urheber, ein angesehener und reicher Spanier, an Hyginus, dem muthmaasslichen Nachfolger des Hosius in Cordova, und an Idacius von Merida seine Gegner gefunden hatte; Vigilantius, der mit männlichem Nachdruck den beschränkten Mönchsgeist der morgenländischen Kirche bekämpfte, starb, zwar nicht unangefochten, aber in seiner kirchlichen Stellung unbehelligt, als Presbyter in Barcelona.

1) Sein Einfluss am Hofe Constantin's war höchst bedeutend. (Eusebius, Hist. eccl. X. 6.) Zosymus (II. 29) schildert ihn auffallend: 'Αιγυπτιος τις ἐξ Ἰβηριας εις την Ρωμην έλθων, και εις τα βασιλεια γυναιξι ξυνήθης γενομένος.

2) Lübkert, De haeresi Priscillianistarum. Havniae, 1840.

Abgesehen von dem Priscillianismus, der in den spanischen Ländern die weiteste Verbreitung fand und den religiösen Bedürfnissen der Iberer, zumal von Seiten ihrer Vermischung mit verschiedenen Abzweigungen des semitischen Stammes, besonders entsprach, zeigten sich daselbst frühzeitig Spuren einer religiösen Weltanschauung, die einem ganz andern Ideenkreise angehörte. Isidor von Sevilla 1) nennt einen Justinian, der unter dem Westgothen-Könige Theudes als Bischof von Valencia lebte und ausser andern Ketzereien die Sekte der Bonosianer, die Christum für einen angenommenen, nicht wirklichen Sohn Gottes hielten, widerlegen wollte. Das Auffallende daran ist, dass andern, nicht weniger zuverlässigen Nachrichten zufolge die Irrgläubigkeit des Bonosus jedenfalls nicht unmittelbar den Adoptianismus zur Schau trug, dieser vielmehr bloss als Folgesatz daraus abgeleitet werden konnte. Wenigstens weiss Gennadius2), der aus Anlass eines andern spanischen Bischofs auf dieselbe Sekte zu sprechen kommt, nichts von Adoptianismus, und die Photinianer, mit denen er jene zusammenstellt, scheinen den Ausdruck ebenso wenig gebraucht zu haben. Marcell von Ancyra und nach ihm Photin von Sirmium stimmten dem Epiphanius darin bei, dass sie den heiligen Geist von dem Vater und dem Sohne ausgehen liessen, verbanden aber damit die weitere Lehre, zum Unterschied von dem ruhenden Logos sei Christus erst in Folge der Menschwerdung Sohn Gottes geworden. Der

1) De viris illustribus. c. 23. Opp. ed. Arevalo. VII. 156.

*) De illustr. vir. c. 14 (Fabricius, Bibliotheca Ecclesiastica): Audentius scripsit adversus Manichaeos, Sabellianos et Arianos, maxime quoque speciali intentione contra Photinianos, qui nunc vocantur Bonosiaci, librum, quem praetitulavit de fide adversum haereticos: in quo ostendit, antiquitatem filii Dei coaeternalem patri fuisse, nec initium Deitatis tunc a Deo patre accepisse, cum de Maria virgine homo, Deo fabricante, conceptus et natus est. Auch „De ecclesiast, dogmatibus," c. 22, erwähnt Gennadius der Bonosianer nur in allgemeinen Ausdrücken: Paulianistae, Procliani, Borboritae, Siphori, qui nunc vocantur Bonosiani, Photiniani, Montanitae, Manichaei. In andern Handschriften wohl richtiger: Photiniani, qui nunc vocantur Bonosiani (Fr. Oehler, Corp. haereseolog. T. I. p. 348).

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