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CARL LUDEWIG VON OESFELD. Königl. Breift. Geheimer Rath und Canonicus der hohen DohmStifts zu Camin

geb. zu Potsdam d. 4. Merz 14.

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XV. Bds. Zweites Stück. October 1804.

ABHANDLUNGEN.

I.

Hiftorifches Fragment

über

die Sitten, Gebräuche, religiöfen Ceremonien, Heurathen, Erziehung und Unterricht der Hindus. *)

(Aus dem Franzöfifchen.)

Die grofse Menschen - Familie, welche fich auf dem ganzen Erdball ausgebreitet hat, unterfcheidet fich zwar durch Sitten, Gebräuche und gesell

*) Dies ift ein Auszug aus dem fünften Capitel eines noch ungedruckten Werks über die Hindus von M. Le Gous de Flaix, vormal. Ingenieur - Offizier. Das Werk entA. G. E. XV, Bds. 2. St.

I

fchaftliche Einrichtungen, allein bei allen anfcheinenden Trennungen bleibt doch die Neigung zu ihrer allgemeinen Mutter Natur unverkennbar. Immer nähert fie unwiderftehlich fich derfelben, und vereinigt fich bei allen noch fo grofsen Entfernungen der verfchiedenen Zweige, und bei dem grofsen Unterschiede des Klimas, unter welchem diefe gedeihen, zu einem allgemeinen Ganzen.

Ein schönes, und an koftbaren Producten reiches Land, ift Hinduftan, das nicht nur durch die Entfernung von andern Gegenden der Erde getrennt ift, fondern felbft von den angränzenden Ländern durch hohe Gebirgsketten und Meere abgeschnitten wird. Dabei zeichnen fich feine Einwohner durch die aufbewahrten alten Traditionen, durch Gebräuche, durch einfache, menschliche Gesetze und Reinheit der Sitten eben so auffallend aus.

Seit ihrem Urfprunge, den fie von Brama, dem älteften bekannten Gesetzgeber, herleiten, find nach ihrer Geschichte Jahrtaufende verfloffen; das vortreffliche Klima, der fruchtbare Boden, die erfinderische Induftrie der Bewohner, und befonders der unermessliche Reichthum der Producte hat über dieses Land mancherlei politische Revo

hält viel wichtige Bemerkungen über den O. Indifchen
Handel, und soll nächstens erscheinen. (Moniteur N.
310. Julius 1804.) Von diefem Werke erfcheint eine
Teutsche Uebersetzung für die Sprengel - Ehrmannscho
Bibliothek der Reifen.
D. H.

lutionen gebracht; - und doch haben fich bis jetzt alle jene kostbaren Vorzüge unverändert erhalten.

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Dem Hindu gebührt nicht nur unwiderfprechlich in der grofsen Menschen Familie das Recht der Erftgeburt, fondern er hat auch rein und un verfälscht die Sitten des kindlichen Zeitalters Beibehalten. Von Brama (der Weisheit) erhielt er feine Einrichtungen und Verordnungen, über die forgfam, mütterlich feine Religion wachte; und da diefe mit den unveränderlichen Gesetzen der Natur vollkommen übereinstimmt, fo bewahrte und vertheidigte fie feine Einrichtungen gegen den Wechfel der Zeit und die Kraft der Ereigniffe.

Gefahren umgeben den Menfchen bei feiner Geburt, Schmerz, Kummer und Thränen erwar ten ihn am Ziele seiner Laufbahn; nur in der Mitte diefer beiden Endpuncte feines Dafeyns, der Geburt und des Todes, liegt der Moment, an den felbft ungebildete Völker Ideen von Freude und Glück knüpfen, Genufs ehelicher Freuden, Die Erziehung des Menfchen erfordert eine beständige Sorgfalt, und das fchwere Gefchäft des Unterrichts war zu allen Zeiten ein Gegenstand der Aufmerksamkeit des Beobachters und der genauesten Untersuchung des Philosophen.

Ich will es verfuchen, nach den eben angegebenen Zeitpuncten des Lebens die verfchiedenen

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Situationen des ächten Indiers, *) fo kurz als möglich zu fchildern.

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Nach den Grundfätzen der Hindus muss mit der Erziehung des Menfchen gleich bei feiner Geburt der Anfang gemacht werden, eine Idee, wel. che auch der berühmte Verfaller des Emils in diefem Werke äussert.

Wiffenschaften ehrt man in Hindustan als Ausflüiffe der Gottheit. Kein Hindu öffnet daher ein Buch, oder ergreift die Feder, um etwas zu sehrei ben, ohne in feiner Miene die Zeichen der tiefften Ehrfurcht auszudrücken.

Sobald die Kinder fünf oder fechs Jahre alt find, werden fie von den Aeltern forgfältig zur Schule angehalten, ein Gebrauch, der in diefem grofsen Lande unter allen Kaften allgemein ist. **) Die Frauen ftehen ganz unter ihren Männern, genielsen aber bei, den Hindus Ehre und Achtung.

*) Das Wort wird hier im ftrengen Sinne nur von denen genommen, welche in Hindustan von Hindus geboren werden. Die dort wohnenden Mahomedaner heissen Mogols. Anm. d. V.

*

**) Es giebt neunzehn Kasten, die man Jadi und Industani nennt. Viele Reifende haben ihre Zahl auf vier und zwanzig gesetzt, allein da es ihnen an den nöthigen Kenntniffen fehlte, fo fielen fie aus Unwiffenheit in diefen Irrthum, das um fo leichter war, da man in diefem Lande neunzehn Sprachen redet, und die Benennungen der Kaften nach den Volksfprachen so verschie

den find.

Anm. d. V.

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